Oberhausen. Dancepop-Überflieger Jason Derulo begeistert in der Arena Oberhausen 11.000 Fans mit einer rasanten Show. Eine Videoaufzeichnung nervt dagegen.
Er pirscht sich durch die Savanne, rennt mit Löwen um die Wette und wirbelt reichlich Wüstenstaub auf: Die ersten Konzert-Minuten von Dancepop-Überflieger Jason Derulo erinnern am Mittwochabend in der Arena Oberhausen eher an die große Kinoleinwand. „Der König der Löwen“ trifft „Mad Max“ - und Derulo als Oberhaupt des R‘n‘B-Rudels mittendrin.
Wer R sagt, muss heute auch B sagen: „2 Sides“, zwei Seiten, heißt die Tournee. Was auf den bulligen Konzert-Leinwänden als Filmclip beginnt, setzt sich mit viel Tanz-Theater nahtlos in der feiernden Halle fort. Ein Spektakel mit drei Tänzern und drei Tänzerinnen, atmosphärischen Licht-Lasern und einem Hauptdarsteller, der munter der afrikanischen Funktionskleidung huldigt. Das verhilft vornehmlich den weiblichen Fans zu einem Schmacht-Frühstart. Derulo singt im luftigen Lendenschurz, Hemden und Shirts wären da nur unnötiger Ballast.
Jason Derulo findet sein „It Girl“
Oftmals sind allzu pathetische Intros eher selbstverliebte Bremsklötze. Doch dem 29-Jährigen aus Florida gelingt ein kunstvoller Einstieg in 100 Konzertminuten. „Whatcha say (What did you say)“ und „Tip Toe“ bringen Tempo ins Spiel. Jason Derulo gibt sich nahbar, seine Charme-Offensiven zünden. Immerhin ist die Halle mit 11.000 Fans nahezu ausverkauft und für Schmeicheleien empfänglich. Vorne am Bühnensteg schnappt er sich ein Handy. Für das Selfie mit einem unbekannten Fan ist noch Zeit.
„Incredible“, sagt der Sänger. „Unglaublich“, denkt mancher Zuhörer. Erst recht, als er die ersten Songzeilen seiner Liebeshymne „It Girl“ unterbricht und nach einem Mädchen aus dem Publikum sucht. Für die Auserwählte gibt es auf der Bühne einen Handkuss und einen Schmatzer auf die Wange. Zum Kreisch-Gewitter und mit wackeligen Beinen darf sie zurück in den Innenraum.
Swalla, Wiggle und ein WM-Song
Jason Derulo ist ordentlich herumgekommen. Im Pop-Kollegium bildete er schon mit Nicki Minaj, French Montana, David Guetta und DJ Hardwell munter Arbeitsgruppen. „Swalla“, „Wiggle“ und der WM-Song aus Russland „Colors“ bringen auch in Oberhausen Farbe ins Spiel. Die Bühnenoptik ist sehenswert, die tänzerischen Choreografien herausragend. Kein Zufall, wenn man Jason Derulo zuhört: „Alles, was ihr auf der Bühne seht, ist ein Teil von meinem Herzen.“
Dass die Show dennoch zwischenzeitlich an Herz-Rhythmus-Problemen leidet, hat sich der Sänger selbst zuzuschreiben. Für den Song „Goodbye“, der sich mit Sampeln an Andrea Bocellis berühmter Henry-Maske-Hymne „Time to say goodbye“ orientiert, möchte Derulo in Oberhausen Material für ein Video drehen. Die Folge: Durch minutenlange Dialoge mit der Regie und unnötigen Pausen wird die Kulisse auf den Rängen, nun, wirklich zur Kulisse. Da muss jedes noch so flüssige Konzert-Konzept aus dem Takt geraten.
Jason Derulos Hang zur Perfektion
Die ausführliche Abstimmung mit der Technik mag an Derulos Hang zur Perfektion liegen. Schon im März sollte er eigentlich nach Oberhausen kommen. Doch weil das neue Album nicht rechtzeitig fertig wurde, sagte der Mann aus Florida den Konzert-Termin ab, holte sein Gastspiel erst jetzt nach.
Und so endet das Konzert, wie es begonnen hat: optisch furios! Die Luftdruckkanonen pusten kübelweise Papierschnipsel bis unters Dach. „Verfolgt eure Träume, es ist niemals zu spät“, gibt der Sänger seinen Fans mit auf den Weg. Einige werden die warmen Worte ihres Idols nicht mehr gehört haben. Schon auf den Arena-Treppenstufen üben sie am Ausgang die Tanzschritte aus der Show.
Jason Derulo in der König-Pilsener-Arena