Oberhausen. . 19 Aktive der Kunstinitiative Ruhr zeigen ihre Werke in Krakaus Galerie Weiss. Für Czeslaw Golebewieski verwirklicht der Austausch einen Traum.

Frank Gebauer müsste sich ärgern. Der Pop-Art-Maler war nicht unter den neun KiR-Künstlern, die sich auf den Weg nach Krakau gemacht hatten – und verpasste dort echte Kunstbegeisterung angesichts seines „Ziggy Stardust“. Gebauers Hommage für David Bowie war das begehrteste Selfie-Motiv in der Galerie Zofia Weiss, erzählen Hildegard Hugo und Winfried Baar. Den beiden Vorsitzenden der Kunstinitiative Ruhr spricht die Begeisterung über die alte polnische Königsstadt und ihre Gastgeber aus jedem Satz.

Im Frühjahr vorigen Jahres hatte Stanislaw Chomiczewski eine kleine Delegation polnischer Künstler in der KiR-Galerie im Europahaus vorgestellt. Jetzt wirkte er als Kurator der Ausstellung von 19 KiR-Aktiven in der traditionsreichen Galerie Weiss, sorgte für einen 70-seitigen Katalog – und war ein enthusiastischer Gästeführer zu Krakaus Kunstschätzen.

Und damit ist Polens zweitgrößte Stadt fast überreich ausgestattet. „Polen ist kulturell mitten in Europa“, erkannte Winfried Baar. Bewundernd stand er vor Meisterwerken des 19. Jahrhunderts „wie im Louvre – nur mit Namen, die ich noch nie gehört habe“.

Junge Kunst als Opposition

Maria und Czeslaw Golebiewski waren als Übersetzer und Förderer des KiR-Kunstaustauschs dabei: Sie verweisen auf die junge und internationale Metropole Krakau mit ihren vier Hochschulen – und vielen ausländischen Studenten.

Deutsch-polnischer Dialog vor Frank Gebauers „Ziggy Stardust“ (v.li). Hildegard Hugo, Galeristin Zofia Weiss und Maria Golebiewski.
Deutsch-polnischer Dialog vor Frank Gebauers „Ziggy Stardust“ (v.li). Hildegard Hugo, Galeristin Zofia Weiss und Maria Golebiewski. © Kunstinitiative Ruhr

Mit Hilde Arlt-Kowski habe er diesen Traum gehegt, erzählt Czeslaw Golebiewski: „Wir wollen weiter zusammen arbeiten.“ Zeitgenössische Kunst sei in Polen auch ein wichtiges Medium der Opposition gegen die nationalistische Regierung. Die PiS-Regierung bedränge bereits Theater und andere Institutionen, indem sie ihnen Gelder entziehe, weiß Maria Golebiewski: „Aber Polen sind auch ziemlich trotzig. Eine kosmopolitische Stadt wie Krakau lässt sich davon nicht beeindrucken.“

Dass auch ihre Galerie ganz in der Nähe des prächtigen Hauptmarktes seit 90 Jahren Anteil hat an diesem unabhängigen Geist, ließ Zofia Weiss in ihrer Ansprache anklingen. Die Enkelin des in Polen verehrten Impressionisten Wojciech Weiss verwies auf das Bündnis der damaligen Künstlerbewegungen „Junges Polen“ und „Junges Deutschland“ und nannte es „die mutige, vielversprechende Moderne“. Auch Hildegard Hugo beeindruckte die Gastgeber mit ihrer Ansprache – die sie auf Polnisch vorgetragen hatte. Ihr Resümee: „Es gibt viele gute Gründe, nochmal hinzufahren.“ Und Winfried Baar weiß bereits, wer der nächste polnische Gast in der KiR-Galerie sein wird.

Am Examenstag in der Akademie

Schließlich hatte Kurator Stanislaw Chomiczewski den Oberhausenern sogar eine exklusive Führung durch die Kunstakademie gesichert – am besonders ruhigen Examenstag. Dort mussten sie eine Tür, hinter der viele eifrig schreibende Studenten saßen, schnell wieder schließen. Es war die einzige, die sich der begeisterten KiR-Delegation nicht bereitwillig geöffnet hatte.

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Im munteren Vorschlagsreigen um eine weitere Partnerstadt für Oberhausen mag ein Czeslaw Golebiewski natürlich nicht unbeteiligt bleiben: „Es ist alles fast geregelt“, sagt der Gdanska-Wirt und studierte Ozeanograph. Er meint die knapp 130 000 Einwohner zählende, schlesische Stadt Tychy (deutsch Tichau), ein Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur – und rund 50 Kilometer von Krakau entfernt.

Tychys bekanntester Arbeitgeber ist die 390 Jahren bestehende Brauerei Tyskie (deren Bier es auch im Gdanska gibt). Sie sorgt für „superschöne Veranstaltungen“, sagt Maria Golebewski. Denn die heute zum japanischen Konzern Asahi gehörende Brauerei ist ein rühriger Kultursponsor.