oberhausen. . Der Chor feiert sein Jubiläum mit einem Konzert am 30. September. Die meisten Sänger sind heute Rentner, trotzdem geht ihnen nicht die Luft aus.
Die Blätter rascheln. Volker Buchloh gibt den Takt vor: „Zwei, drei, vier …“. Dann erklingen die ersten Töne. Der Hörer schließt unwillkürlich die Augen, als der Sterkrader Männerchor einsetzt – was für ein Hit. Denn wer „An der schönen blauen Donau“ von Johann Strauss so voll Inbrunst dargeboten bekommt, der denkt sofort an Walzer, Wien und all die Gelassenheit, den „Schmäh“, der uns Deutschen so ganz und gar abgeht.
Das Lied wurde damals, 1867, übrigens für das Wiener Pendant geschrieben; kurz darauf bekommt selbst die raue Arbeiterstadt Oberhausen ihren eigenen Männerchor: Der Sängerbund GHH in Sterkrade wird ins Leben gerufen. Arbeit und Kultur, das soll sich fortan verbinden. 150 Jahre ist das her – zum Jubiläum gibt es ein großes Konzert am 30. September in der Luise-Albertz-Halle. Im Programm sind neben dem Donauwalzer viele andere Werke unvergessener Komponisten wie Brahms, Wagner und Mozart.
Der Männerchor steht nie still
Wer jetzt allerdings denkt, der Chor singt nur „olle Kamellen“, der irrt gewaltig: Leonard Cohens „Hallelujah“ oder Vangelis’ bekannte Abenteurermusik für Kolumbus filmische Landung in Amerika, „Conquest of Paradise“, sind nur zwei Beispiele dafür, dass der Männerchor nie stillsteht und neue Wege geht – weil auch die Wege des Namensgebers GHH, heute MAN, mittlerweile andere sind.
„Früher kam der Vorstand aus Oberhausen. Heute ist das anders und man kennt sich oft nicht mehr“, erklärt der erste Vorsitzende Günter Liesch (73) die Beziehung seines Chors zum aktuellen und früheren Arbeitgeber vieler Sänger im Bund. „Trotzdem sind wir oft dabei, singen demnächst wieder auf der Betriebsversammlung und erscheinen in der Werkzeitung – europaweit!“ Sängerbund und GHH, heute MAN, das gehört zusammen. Allein die Regeln haben sich etwas verändert: Das Unternehmen ist längst global unterwegs, viele Arbeiter wissen nichts vom Sängerbund. Das gelte es zu ändern, findet Liesch: „Deshalb sind wir froh, dass wir die Turbos haben, weil sie frischen Wind mitbringen, auch wenn sie schon zehn Jahre dabei sind.“
Zum Üben trifft sich die stimmgewaltige Gemeinschaft immer montags im ehemaligen Gästehaus der GHH. Früher sind hier Geschäfte in Millionenhöhe besiegelt worden, heute ist der große helle Saal ein Domizil für Tenor, Bass und Bariton. Am Flügel sitzt seit 17 Jahren eine musikalische Größe der Stadt, über die der Chor sehr froh sei, sagt Liesch. Volker Buchloh ist als Musikschulleiter und Chef des Kulturbüros kaum aus dem kulturellen Leben wegzudenken. Chorleiter beim Sängerbund, das nimmt der Zuhörer Buchloh als Herzenssache ab. Ein Grund dafür, dass der Sponsor MAN jährlich für die Dienste der Musik-Koryphäe aufkommt. Den Einsatz seines Chors schätze er sehr, sagt Volker Buchloh. Doch auch ihm seien die Veränderungen seit seinem Antritt durchaus bewusst: „Wir versuchen momentan nur den Altersschnitt zu halten“, verkündet der Musikchef deshalb launig und erntet die Lacher seiner Sänger.
MAN Turbo Voices singen auf Englisch
Einige schreiten zwar noch jeden Tag durch die Werkstore, doch mit der Zeit sind immer weniger Arbeiter im Chor dabei. Die meisten sind Rentner. Viele der Männer waren jahrelang bei der GHH und später MAN beschäftigt – damit der Sängerbund jedoch weiter existiert, werden neue Partner gesucht. „Mit der MGV Eintracht in Osterfeld haben wir neue Mitglieder dazugewonnen und unsere Leute helfen dort genauso aus“, erzählt Günter Liesch. „Also, wir sehen schon zu, dass wir uns frische Leute dazu holen und nicht stehenbleiben.“
Neue Leute bedeutet seit zehn Jahren ebenfalls: ein gemischter Chor. Denn seit der 250-Jahr-Feier von MAN hat der Sängerbund die jüngere Sparte „MAN Turbo Voices“ integriert. Hier singen zurzeit 14 Frauen und Männer eher englisch und aktuell als deutsch und klassisch. Thomas Witt ist mit 53 Jahren zwar nicht der Jüngste (der ist 17 Jahre jung), aber einer der wenigen Tenöre im Ensemble. Er kann sich Oberhausen ohne den Chor gar nicht vorstellen. „GHH war früher die Stadt. Und zum guten Ruf der GHH gehörte schon immer der Sängerbund.“ Wer die Augen beim Musikhören noch schließen kann um zu genießen, der wird das zur Jubiläumsshow Ende September zweifellos bestätigen.
>>>>> Noch gibt’s Karten für das Jubiläumskonzert
Das große Jubiläumskonzert startet am Sonntag, 30. September, um 18 Uhr in der Luise-Albertz-Halle. Mit dabei sind die Sopranistin Laura Albert (Rising Star 2014 & Popstars 2015) und die „Pottspatzen“. Karten sind in drei Kategorien erhältlich und kosten von 16 bis 22 Euro an der Abendkasse oder im Vorverkauf an der Tourist-Info gegenüber vom Hauptbahnhof und in der Parfümerie Heite, Steinbrinkstraße 224. Wer mitsingen möchte, meldet sich bei Günter Liesch: 0208-892043 oder per E-Mail an thomas.witt@man-es.com.