OBERHAUSEN. Spannender Lese-Herbst mit vier Autoren im AKA 103 der Ruhrwerkstatt. Feuilleton-Liebling Ingo Schulze sorgt für krönenden Abschluss im Dezember.
Von leichter Urlaubslektüre bis zur bewegten Biografie der Anwältin Nizaqete Bislimi: Lesungen ganz unterschiedlicher Prägung sind im AKA 103 der Ruhrwerkstatt gelegentliche, wenn auch nicht ebenso regelmäßige Termine wie der entspannte R-Jazz mit Pianist Marc Brenken. Doch für diesen Literatur-Herbst sorgte Jürgen Cotta als Programm-Macher für einen größeren Aufschlag – mit einem Liebling des großen Feuilletons zum krönenden Abschluss.
Das gemeinsame spannende Thema der vier Gäste, so Cotta, sei der neue/alte Heimatbegriff – „und zwar bevor alle möglichen Minister zu Heimatministern wurden“. Die Reihe mit zwei Autorinnen und zwei Autoren heißt nun „Alles andere als einfältig“ und will sich aus vier Perspektiven die deutsche Gesellschaft vornehmen. Bei seiner Auswahl konnte Cotta auf seine 15-jährige Erfahrung als Buchhändler zurückgreifen – und auf die finanzielle Hilfe von „Demokratie leben“.
Auftakt mit leichtem Ton
Mit leichtem Ton und Hintersinn eröffnet Osman Engin die monatliche Donnerstags-Reihe am 13. September: Gewitzt nimmt der 58-Jährige, der seit 45 Jahren in Deutschland lebt, den deutsch-türkischen Alltag aufs Korn. Nach seinem Studium der Sozialpädagogik in Bremen wurde Osman Engin freier Schriftsteller. Monatlich schreibt er Satiren für die Stadtillustrierte „Bremer“, zudem arbeitet er für „Titanic“ und Berlins „taz“. Mit „Kanaken-Gandhi“, seinem ersten Roman, war er seiner Zeit weit voraus, denn in den 1980ern war Integration in Deutschland noch ein Fremdwort.
Wer Olga Grjasnowa beim „Buchgestöber“ im Mai verpasst hatte – dem bietet das AKA 103 am 18. Oktober eine zweite Chance. Und „Gott ist nicht schüchtern“, spannend wie ein Thriller, lohnt erneutes Zuhören. Aus Sicht von Amal und Hammoudi erzählt die 34-Jährige aus russisch-jüdischer Familie von der Flucht aus Syrien – und wie die beiden in Berlin ein Paar werden. „Die Welt hat eine neue Rasse erfunden, die der Flüchtlinge, Refugees oder Newcomer“, schreibt Olga Grjasnowa. „Die Herablassung ist in jedem Atemzug spürbar.“
Zur Fremden im eigenen Land erklärt zu werden, davon erzählt Anne Chebu am 22. November in „Anleitung zum Schwarz sein“. Die 31-Jährige aus Nürnberg arbeitet in Hamburg als TV-Journalistin und Moderatorin: „Schwarzsein ist nicht gleich schwarz sein. Warum schreibt man Schwarz groß und warum bin ich Schwarz und nicht braun?“ Ihre bereits 2014 erschienene „Anleitung“ kombiniert praktische Lebenshilfe mit einem afrodeutschen Geschichtskurs.
Last, not least, der große Lyriker, Essayist, aber auch Erzähler Ingo Schulze. Der 55-jährige Dresdner erklärte jüngst seine Unterstützung der „Aufstehen“-Initiative. Das passt schon – jedenfalls zum Helden seines aktuellen Romans, den er am 6. Dezember an der Akazienstraße 103 vorstellt. „Peter Holtz – Sein glückliches Leben erzählt von ihm selbst“. Dieser moderne Simplicissimus praktiziert schon als Kind die Abschaffung des Geldes, erfindet den Punk aus dem Geist des Arbeiterliedes und kämpft als CDU-Mitglied (Ost) für einen christlichen Kommunismus. Doch seine Selbstlosigkeit belohnt die Marktwirtschaft mit Reichtum. Hat Peter Holtz sich für das Falsche eingesetzt? Und wie wird er das Geld mit Anstand wieder los?
>>> Los geht’s stets um 20 Uhr
Für alle Lesungen im AKA 103 der Ruhrwerkstatt, Akazienstraße 103, gilt: Los geht’s um 20 Uhr; der Eintritt kostet 8 Euro; online: ruhrwerkstatt.net