oberhausen. . Hermann Sibila ist Rentner, steigt aber trotzdem fast jeden Tag aufs Rad. Wieso er so viel fährt und warum das in Oberhausen einsame Spitze ist.
Er ist der Profi unter den Amateuren: Mit einer Hand hebt Hermann Sibila an diesem Freitagmorgen sein Rennrad in die Luft. Nur knapp ein Kilo wiegt der Carbon-Rahmen seines Rads, das er kurzerhand aus dem Keller geholt hat. Ein wenig verschmitzt deutet er dabei auf die kleine aufgeklebte 80 vorne an der Gabel: „Hab ich mir machen lassen, weil das mein Alter ist.“
Der Gewinner des Oberhausener Stadtradelns hat 2194 Kilometer in drei Juni-Wochen mit dem Rad erstrampelt — fast 400 Kilometer mehr als der Zweitplatzierte. Weil das so außergewöhnlich ist, kam selbst Alt-Oberhausens Bürgermeisterin Dorothee Radtke bei Sibila vorbei.
Im Gepäck hatte sie neben Glückwünschen eine Urkunde vom Klimaschutz und das Oberhausen-Buch. Dazu spendierte RWO zwei VIP-Tickets für die Heimspiele der neuen Saison. Woher aber nimmt der Rentner nur diese Kraft und Ausdauer für derlei To(rt)uren?
Viele Jahre war er Radrennfahrer
„Ich sitze im Sattel, seitdem ich 15 Jahre alt bin“, erklärt Sibila. Viele Jahre war er Radrennfahrer, gewann unter anderem in den Jahren 1959, 1961 und 1970 den renommierten „Rück-am-Rathaus-Preis“. Alles als Amateur — „wirklich Geld habe ich damit nie verdient, bei uns gab es dafür immer Preise.“
Selbst im hohen Alter steigt er fast täglich auf eines seiner zwei Rennräder. „70 Kilometer fahre ich mindestens, manchmal auch 130.“ 400 bis 500 Kilometer sind Sibilas normales Wochenpensum, dabei radelt er mit 25 bis 28 Kilometer pro Stunde. „Das ist doch ein beeindruckender Schnitt“, findet Monika van Amsterdam (70). Sie kennt ihren Mann seit jeher vor allem auf zwei Rädern; ja sogar schwere Krankheiten können ihn nicht stoppen. „Das erste, was er den Arzt immer fragt, ist: Wann kann ich wieder aufs Rad?“
Einmal im Jahr sei Sibila bisher nach Mallorca geflogen, um dort mit „ähnlich Verrückten die Berge zu erklimmen“. Nach der letzten Reise hatte er keine Lust mehr. „Mein Rad war nicht aufzufinden und das hat mich alles sehr genervt — hier kann man auch schöne Touren machen.“
Einmal den Arm gebrochen
Besonders gerne fährt Sibila am Niederrhein. Früher waren Bergetappen seine Spezialität: „Aber mit dem Alter muss man mal etwas kürzer treten.“ Dennoch will er weiterfahren, solange es geht. Vor Stürzen und Unfällen habe er keine Angst: Zweimal hat sich Sibila das Schlüsselbein und einmal den Arm gebrochen. „Das gehört nun mal dazu.“
Sogar nach der Preisübergabe mit großem Tamtam möchte Sibila eigentlich nur eins: wieder rauf aufs Rad. Sind ein paar Energieriegel, eine Flasche Energy-Drink, eine Flasche Cola („ . . . die gibt’s auch auf der Tour“) verstaut, setzt sich der Rentner wieder in den Sattel.
Selbst bei 33 Grad dürfen es noch 100 Kilometer sein. Der Ehrgeiz packt ihn halt immer noch. Und im Gegensatz zur Tour der France, „ganz ohne Doping — versprochen!“
>>>>> Bestmarke um über 17 000 km übertroffen
57 Teams radelten in diesem Jahr während der drei Aktionswochen im Juni für ein besseres Klima. Mit 146 605 Kilometern wurde die Vorjahresmarke um satte 17 411 Kilometer übertroffen.
593 Radler sparten so in Oberhausen 21 Tonnen Kohlenstoffdioxid ein. Mehr Informationen und Anmeldungsmöglichkeiten für die Aktionswochen 2019 im Internet: stadtradeln.de/oberhausen/