Oberhausen. . Oberhausen zieht seit jeher Zuwanderer an. Nurgül Kutlutaş zog in den 1990ern zu. Die Deutschtürkin hat immer viel kämpfen müssen. Ein Porträt

Nurgül Kutlutaş hat viel erlebt: den Umzug ihrer Familie aus der Türkei, Zwangsheirat, die Flucht ins Frauenhaus, eine schwere Krankheit und ein Leben voller Arbeit.

Kutlutaş, die seit 1978 im Ruhrgebiet und seit den 1990ern in Oberhausen lebt, ihre Mutter und ihr kleiner Bruder kamen mit dem Zug aus Istanbul nach Deutschland. Das war 1973 und Nurgül Kutlutaş war 14 Jahre alt. Der Vater lebte bereits als Gastarbeiter in Nürnberg. Drei Wochen nach dem Umzug ins neue Land begann die heute 60-Jährige in einem Altersheim zu arbeiten und machte dort später auch eine Ausbildung zur Küchenhelferin und Serviererin.

Familie und Job – Sie schultert alles

„Ich konnte damals gar kein Deutsch. Wenn jemand mich etwas gefragt hat, konnte ich keine Antwort geben. Und deshalb habe ich oft geweint“, erinnert sich die Deutschtürkin.

Dann kam die Zwangsheirat. Mit 15 Jahren war Kutlutaş verlobt, ein Jahr später verheiratet. „Ich hätte ihn nicht geheiratet. Meine Eltern wollten das so“, sagt die Oberhausenerin. Der Mann lebte noch in der Türkei, kam aus der Heimatstadt der Eltern, aus Ordu an der Schwarzmeerküste, und zog zu ihr nach Nürnberg. Wenige Jahre später gingen sie nach Duisburg. „Dann ist mein Leben schwierig geworden“, sagt die 60-Jährige und knetet dabei ihre Hände ineinander.

Der Mann sei in dieser Zeit zu Hause gewesen, habe weder gearbeitet noch im Haushalt geholfen. „Ich habe mich um alles gekümmert, habe in Duisburg 15 Jahre lang als Packerin gearbeitet und er hat nichts gemacht“, kommentiert die Oberhausenerin. „Er war auch gewalttätig mir gegenüber, aber da will ich nicht ganz tief reingehen.
20 Jahre habe ich das ausgehalten – und das nur wegen meiner Kinder.“ Heute würde sie nicht abwarten und den Mann viel früher verlassen.

Der Ex-Mann ließ sie nicht in Ruhe

Als sie ihren Mann verließ, ging Nurgül Kutlutaş ins Frauenhaus. „Mein Ex-Mann hat mich nicht in Ruhe gelassen. Sechs Jahre lang.“ Kurz darauf suchte sie sich dann eine Wohnung in Oberhausen. Seit 22 Jahren lebt sie nun schon alleine.

1999 ging Kutlutaş dann in Frührente. „Durch den ganzen Stress bin ich schwer krank geworden. Seit 31 Jahren habe ich Typ I-Diabetes.“ Das habe dann zu weiteren Krankheiten geführt. Dennoch suchte sie sich wieder einen Job. Trotz eines Lebens voller Arbeit bekommt die Oberhausenerin nur 680 Euro Rente – und stockt das mit der Grundsicherung auf.

Viele Arbeitsjahre und kleine Rente

„Klar bin ich enttäuscht. Ich habe mein Leben lang hart gearbeitet, sogar Vollzeit“, erklärt Kutlutaş. Zum Leben reiche das Geld jedoch knapp. Sie muss an jeder Ecke sparen. Zudem ärgert sie: „Mein Ex-Mann kriegt Rente von mir. Er hat ja nie gearbeitet.“

Zu ihren Kindern hat die Wahl-Oberhausenerin einen guten Kontakt. Ihr Sohn lebt in Duisburg. Weil er berufstätig ist, sieht sie ihn alle fünf Wochen. Ihre Tochter lebt in der Türkei. Mit ihr telefoniert Kutlutaş täglich.

Anders als ihre eigenen Eltern hat die 60-Jährige die Ehen ihrer beiden Kinder nicht arrangiert „Meine Kinder haben selbst ihre Ehepartner ausgesucht. Ich würde das niemals für sie machen. Ich habe selbst erlebt, wie das ist. Meine Kinder sind wirklich glücklich.“