Oberhausen. Der Oberhausener Jobcenter-Geschäftsführer Uwe Weinand ist sich sicher, viele geeignete Leute für die neuen, staatlich bezahlten Jobs zu finden.

Herr Weinand, der Bund nimmt nun viel Steuergeld in die Hand und fördert damit Arbeitsplätze für Hartz-IV-Empfänger. Warum sollen wir so viel Geld für Langzeitarbeitslose ausgeben?

Weinand: Die Alternative wäre ja, gar kein Geld bereitzustellen und die Langzeitarbeitslosen in ihrer Arbeitslosigkeit ohne Perspektive zu lassen. Das ist ja wohl der schlechtere Ansatz.

Welche Effekte erhoffen Sie sich denn, wenn Sie passende Langzeitarbeitslose für dieses Jobbeschaffungsprogramm gefunden haben?

Die Effekte auf die Langzeitarbeitslosen selbst sind nach unserer Erfahrung nicht hoch genug zu bewerten: Sie haben dann wieder das Gefühl, ein wichtiges Mitglied dieser Gesellschaft zu sein, sie erleben wieder mehr Wertschätzung, denn Arbeit ist mehr, als Geld zu verdienen. Zudem erwarte ich positive Effekte auf die gesamte Familie des Arbeitslosen, auf die Bedarfsgemeinschaft – zum Beispiel auf die Kinder, die sonst die Erfahrung machen, dass sie die einzigen sind, die morgens aufstehen, weil sie zur Schule müssen. Das wäre schon Erfolg genug.

Wie optimistisch sind Sie, für diese neuen, steuerlich geförderten Jobs auch Langzeitarbeitslose zu finden, die morgens früh aufstehen und pünktlich ihre Arbeit erledigen wollen? Viele denken ja, wer so lange arbeitslos ist, ist faul.

Dieser Meinung bin ich gar nicht. Meine Erfahrung ist, dass diese Menschen oft sehr wohl wollen, aber sehr häufig nicht können – aus unterschiedlichen Gründen. Die große Masse der Menschen, die wir betreuen, wollen etwas an ihrer Situation verändern und deshalb bin ich mir ganz sicher, dass wir für diese Jobs die passenden Menschen finden.

Welche Tätigkeiten für unsere Gesellschaft können diese Langzeitarbeitslosen denn nach Ihren Vorstellungen machen?

Da schauen wir ganz individuell hin: Es gibt viele Felder, wo Menschen sich einbringen können: Stadtsauberkeit, Hilfen in einem Quartier für Menschen anbieten, die sonst keine Hilfe bekommen. Oder auch in Betrieben einfache Tätigkeiten verrichten, damit diese nicht mehr von Fachkräften gemacht werden müssen – die sind dann frei für andere qualifiziertere Aufgaben in der Firma.

Gibt es nicht die Gefahr, dass diese so stark staatlich geförderten Arbeitslosen anderen Beschäftigten die Arbeit wegnehmen, weil deren Arbeitgeber bestimmte Aufträge nicht mehr erhalten? Da könnte es etwa Gärtnereien geben, die keine Bäume mehr schneiden können, weil sie zu teuer sind. Oder denken Sie an Dienste für Senioren in ihren Privatwohnungen.

Meine Erfahrung ist eine andere: Wir haben hier bei unserem Arbeitgeberservice über 1200 offene Stellen in Oberhausen, die wir momentan nicht besetzen können. Die Arbeitgeber sagen, wir können Aufträge nicht mehr annehmen, weil ich kein Personal mehr finde.Von einem Verdrängungswettbewerb sind wir weit entfernt.

Wenn wir rund 200 Jobs für Langzeitarbeitslose einrichten, würden Sie davon sprechen, dass wir damit einen Teil des Problems Langzeitarbeitslosigkeit gelöst haben?

Nein, wir haben mehrere tausend Langzeitarbeitslose in Oberhausen, wir werden ein solches über Jahrzehnte angestautes wirtschaftliches Problem nicht mit staatlichen Förderprogrammen beseitigen. Aber entscheidend ist, dass wir dieses Problem überhaupt anfassen. Es wird für unsere gesamte Stadtgesellschaft eine Herausforderung sein, zunächst einmal diese knapp 200 Arbeitsplätze zu schaffen und die Menschen dafür zu finden. Wir werden aber so bei viel mehr Menschen einen positiven Effekt erzielen – beim gesamten persönlichen Umfeld des Arbeitslosen. Deshalb ist dies ein guter Ansatz.

Abgesehen vom Lohnkostenzuschuss für diese Langzeitarbeitslosen: Haben nicht private Unternehmen, haben nicht öffentliche Arbeitgeber auch eine moralische Verantwortung, diese Menschen in Jobs zu bringen?

Da kann man geteilter Meinung sein. Ich glaube, dass bei diesem Thema alle Menschen in unser Gesellschaft eine moralische Verantwortung haben. Aber die endet heutzutage bedauerlicherweise oft da, wo die eigene Brieftasche berührt wird. Jeder muss sich letztendlich die Frage stellen, was bringt unsere Gesellschaft weiter und dann muss jeder für sich entscheiden, ob, wo und wie er sich da einbringen will.