Oberhausen. . Die neunte und letzte Trinkhallen-Tour macht Station „bei Raffa“ in Styrum. „Die Verwechslung“ und ihre Gäste vergnügen neugierige Nachbarn.
Wie datt schon klingt: Trinkhalle. Sacht doch kein Mensch, bei uns gehse anne Bude. Zum Beispiel „beim Raffa“ oben an der Lothringer Straße fast Ecke Landwehr, wennse in Styrum wohnst. Dort machte jetzt „Die Verwechslung“ gute Miene zum freien Spiel bei ihrer nach acht Jahren längst traditionellen Trinkhallentour Ruhr.
Es war 2010 ein brillante Idee von Florian Walter, in der nun wahrlich raren Besetzung von drei Bassklarinetten spannende Improvisationsmusik dorthin zu bringen, wo im Ruhrgebiet gern viele Leute zusammenkommen. Für sozusagen: „Einmal Kippen und ’ne große Portion Free Jazz!“
Vom intimen Konzert bis zur rauschenden Grill-Party
Was schon im Kulturhauptstadtjahr prächtig funktionierte, weil sich an den diversen Trinkhallen zwischen Duisburg und Dortmund für eine gute Stunde die neugierige Nachbarschaft versammelte, um einfach mal zu gucken, was denn da so abging.
Je nach Location ein schwer unterschiedliches Erlebnis: vom kleinen intimen Konzert für nur wenige bis zur rauschenden Grill-Party mit jeder Menge Leute. Gemeinsame Basis: Vom frei improvisierten Tuten und Blasen hatten die meisten Kiosk-Kunden noch nie etwas gehört.
So auch jetzt in Oberhausen, das im Gegensatz zu seinen Nachbarstädten nur einmal auf der aktuellen Trinkhallentour-Liste mit 19 Terminen auftaucht. „Ich habe davon in der Zeitung gelesen“, erklärte Adelheid Grün, die mit 83 Jahren wohl älteste Besucherin des Konzerts bei Raffa. „Und da habe ich meinem Mann gesagt: Da gehen wir hin, das schauen wir uns an!“ Und so saß sie gemütlich vor der Bude und ließ sich von den drei Bassklarinettisten Florian Walter, Felix Fritsche und Lutz Streun genüsslich beschallen.
Ein besonderes Verhältnis zur Kultur
Die hatten für ihren inhäusigen Budenzauber eigens den englischen Gitarristen David Birchall und die litauische Sängerin Greta Buitkute, beide zuhause in Manchester, eingeladen, um in schönen Zwiegesprächen so amüsante Titel wie „Dem Menschenverstand geht das Datenvolumen aus“ spontan mit Leben zu füllen. Während draußen vor dem Fenster zwei echte Ruhris gelassen die Ohren aufsperrten, ging drinnen das Leben weiter.
Denn es kamen immer wieder die ganz normalen Kunden für ein „Ein Päckchen Tabak!“, ohne die Musiker und ihr steil angeschrägtes Werk auch nur mit mehr als einem Blick zu würdigen. Man wunderte sich, aber die Oberhausener pflegen ja bekanntlich ein besonderes Verhältnis zur Kultur.
So wie die fünf Jazzer aus drei Nationen ihren speziellen Humor pflegen. Aber für „Niesen bei Durchfall“ (so der Titel einer weiteren Spontan-Komposition) gibbet anne Bude sicher auch was Passendes. Sturmfeste Taschentücher statt Tabak.
>>> Zum letzten Mal durch die Nachbarschaft
Die Trinkhallentour Ruhr bespielt seit dem Kulturhauptstadtjahr 2010 mit drei Bassklarinetten („Die Verwechslung“) plus Gästen jeden Sommer die Buden im Revier – mit diesem Jahr als Schlussrunde.
Noch bis zum 27. Juli sind die Improvisationsmusiker in der Nachbarschaft unterwegs. In Mülheim gibt’s den Budenzauber am Dienstag, 24. Juli, bei Enisco, Muhrenkamp 87. Alle Termine online auf trinkhallentour.ruhr.