Oberhausen. . Apotheker müssen nachts oft ganz normale Medikamente verkaufen. Beliebt sind Sprays gegen Schnupfen, Schwangerschaftstests und die Pille.

Oberhausener Bürger nutzen den nächtlichen Notdienst der Apotheken im Stadtgebiet häufig dazu, normale Alltagsmedikamente zu kaufen. Nach Erfahrung vieler Apotheker wird der als Ausnahme gedachte Notdienst tatsächlich relativ selten von Patienten in echten Notsituationen genutzt.

Martin Müller, Inhaber der West-Apotheke in Buschhausen, erlebt seit 23 Jahren, wie der Notdienst missbraucht wird: „Ich verkaufe nachts häufig Nasenspray, Schwangerschaftstests und die Pille danach, dabei kann man diese ja tagsüber kaufen. Rezepte für Schmerztabletten akzeptiere ich dagegen immer gerne.“ Denn da erkenne man schon, dass es sich um ernste und akute Fälle handelt, die sofort behandelt werden müssten.

An der Löwen-Apotheke in der Sterkrader Fußgängerzone bilden sich sogar richtige Schlangen, wenn erst einmal ein Kunde die Notklingel gedrückt hat. „Dann ,stellen sich Leute gerne noch dazu,“ berichtet Inhaber Henning Funke. Abends häufig verkauft würden Schmerzmittel, besonders für Kinder.

Krankes Kind ist ein Notfall

Als echten Notfall bewertet Özkan Derin von der Süd-Apotheke auf der Oberhausener Marktstraße beispielsweise ein Kind, das erkrankt ist und akut ein Medikament dagegen benötigt. Von solchen echten Notfällen hatte er in seinen mehr als zehn Jahren Notdiensterfahrung tatsächlich nur wenige.

Johannes Rieforth, Inhaber der Forst-Apotheke in Schmachtendorf, hat in 39 Jahren fast 600 Notdienstschichten geleistet. Am häufigsten verkauft er nachts Schmerz- und Fiebermittel oder Medikamente gegen Schnupfen. „Eigentlich sind das Arzneien, die jeder Bürger in seiner Hausapotheke haben sollte“, sagt Rieforth. In seinem Arbeitsleben hat er schon einige Kuriositäten erlebt. Er erinnert sich an einen Taxifahrer, der mitten in der Nacht Geld wechseln wollte, und an einen Mann, der eine einzige Packung Taschentücher kaufte.

Der Buschhausener Apotheker weiß auch Merkwürdiges aus der Jugendszene zu berichten: „Es ist schon ein paar Mal vorgekommen, dass Jungs, die Marihuana geraucht haben, ihre geröteten Augen mit Tropfen vor den Eltern verbergen möchten – aus Angst, zuhause Schläge zu bekommen.“

Erstaunlich: Nach Erfahrung der Apotheker wissen viele Kunden gar nicht, dass sie den Fachmann beim Drücken der Notklingel mitten in der Nacht tatsächlich aus dem Schlaf reißen. „Mir wurde sogar schon eine schöne Schicht gewünscht“, erzählt der Apotheker schmunzelnd.

Notdienst dauert 24 Stunden

Die meisten Apotheker nehmen die nächtlichen Störungen überraschend gelassen – sie sehen ihre Arbeit auch nachts als Dienst am Kunden. „Die Schlaflosigkeit macht mir nichts aus, sie gehört einfach zum Beruf dazu“, sagt etwa Henning Funke aus Sterkrade.

Allgemein beginnt der Notdienst um neun Uhr und endet um neun Uhr, dauert also immer 24 Stunden. Je nach den Öffnungszeiten der Apotheke und vorhandenem Personal kann es jedoch durchaus schon mal zu 35-Stunden-Schichten kommen.

Zu wenige Apotheken leisten Notdienste

Mitarbeiter der St. Antonius-Apotheke in Alt-Oberhausen kritisieren, dass insgesamt zu wenige Apotheken im Stadtgebiet Notdienste anbieten.

„Die Notdienstapotheken liegen recht weit auseinander. Wer also kein Auto hat, ist oft aufgeschmissen“, sagt eine angestellte Mitarbeitern. Ein fieberndes Kind könne man schließlich nicht allein lassen oder mit dem Bus befördern.