oberhausen. . Oberhausen kam ganz gut aus der Concordia-Krise heraus. Der Konzern dagegen endete Jahrzehnte nach einer Scheinblüte in zwei großen Insolvenzen.
Der frühere Oberbürgermeister Friedhelm van den Mond, selbst jahrelang Bergmann, beschrieb vor zehn Jahren in einem Aufsatz das überraschende Aus für die Zeche Concordia.
Zwar habe es im Bergbau seit Ende der 50er Jahre gekriselt, berichtete er. Andererseits seien aber viele ausländische Arbeitskräfte dafür angeworben worden. Und die staatlichen Beihilfen seien von 40,5 Millionen Mark im Jahr 1958 auf fast drei Milliarden Mark zehn Jahre später gestiegen. Trotzdem schloss Ende September 1966 die Zeche Graf Bismarck in Gelsenkirchen. Je stillgelegter Tonne Jahresförderung zahlte der Staat schließlich eine Prämie von einmalig 12,50 Mark.
Bei durchschnittlich 1,5 Millionen Tonnen Jahresförderung habe sich der entsprechende Anspruch für die Concordia AG auf 18,75 Millionen Mark summiert. Dieses Angebot, so van den Mond, mag der Grund gewesen sein, weshalb der Vorstand der Zeche dem Aufsichtsrat am 8. Mai 1967 vorschlug, die Schachtanlagen mit ihren 3500 Beschäftigten im Mai 1968 stillzulegen. Die neue SPD/FDP-Landesregierung in Düsseldorf kündigte ihren Widerstand gegen diese Pläne an. Über 10 000 Menschen protestierten im Mai 1967 auf dem Altmarkt dagegen. Aber neue Investoren fanden sich nicht. Am 7. August 1967 habe der Aufsichtsrat dann, so van den Mond, mit knapper Mehrheit die Stilllegung zum 31. März 1968 beschlossen.
Stadt erwarb Grundstücke
Vielfältige Aktivitäten, um das Beste aus der schwierigen Situation zu machen, nahmen ihren Anfang. Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen wurden angeboten. Angestellte konnten ein Lehramts-Studium nachholen, denn das Schulwesen wurde damals stark ausgeweitet. Bergleute wechselten in den Straßen- oder Tiefbau. Mit dem Ende der Kohleförderung am 22. März 1968 habe es, so van den Mond, noch 2865 Beschäftigte gegeben. Von ihnen seien 1700 gekündigt worden. Die übrigen wurden noch bei Abbrucharbeiten, beim Verfüllen der Schächte und in der Wasserhaltung beschäftigt.
Die Stadt nutzte die Lage, um im Dezember 1968 von Concordia Flächen von über 328 000 Quadratmetern anzukaufen. Weitere Flächen kamen hinzu. Van den Mond: „Damit war die Stadt zum ersten Mal nach Jahrzehnten in der Lage, eine eigene Wirtschaftsförderung zu betreiben.“
Im Rückblick betrachtet, war der damals eingeleitete Strukturwandel der Probelauf für das spätere Großprojekt der 90er Jahre, das Centro. Schon im Februar 1970 begannen auf dem Gelände von Schacht ⅔ die Erdarbeiten für den Bau des Bero-Zentrums. 1972 wurde das Kohlekraftwerk zur Müllverbrennungsanlage umgebaut. Die Hans-Sachs-Berufsschule konnte einen Neubau beziehen. Als modern galt damals die Hochhaussiedlung City West an der Bebelstraße. Schräg gegenüber entstand das Berufsförderungswerk. Östlich der Buschhausener Straße wurde das Gewerbegebiet Zum Eisenhammer angelegt.
Mehrheitseigentümer der Concordia AG war damals der Berliner Chemiekonzern Schering AG. Ihm blieben neben den Industrieflächen über 1550 Wohnungen. 1977 übernahm der Kölner Schokoladenfabrikant Hans Imhoff die Schering-Anteile an Concordia. In den 80er Jahren baute der Kölner Kaufmann Günter Minninger den Konzern zum Immobilienunternehmen um. Er führte das Unternehmen Anfang der 90er Jahre zu einer Scheinblüte. Helmut Stoltenberg berichtet von einem Wohnungsbestand im Wert von über einer Milliarde Mark 1993 und von Bauprojekten in den wichtigsten deutschen Großstädten, ja sogar im US-amerikanischen Sonnenstaat Florida.
Zu viel auf Pump gebaut
Vor allem mit fast nur auf Pump finanzierten Gewerbeimmobilien in Ostdeutschland ist das Unternehmen Mitte der 90er Jahre dann in Schieflage geraten. 1996 stieg die Schweizer Erb-Gruppe mit 50 Prozent Beteiligung ein. Die Verluste der Concordia rissen auch sie in den Abgrund. Ihre Pleite 2003 war mit 2,2 Milliarden Franken Schulden der zweitgrößte Firmenzusammenbruch in der Schweiz. Danach fielen auch die Concordia-Aktien ins Bodenlose. 2006 kam ihre Insolvenz.
Concordia in den vergangenen 50 Jahren
1967: Der Aufsichtsrat der Concordia-Bergbau-AG beschließt die Stilllegung der Zeche;
1968: Die Förderung wird eingestellt; die Stadt erwirbt 328 000 Quadratmeter Flächen;
1969: Die Schering AG, Berlin, wird neuer Hauptaktionär;
1971: Das Bero-Zentrum wird eröffnet;
1972: Das Concordia-Kraftwerk wird zur Müllverbrennungsanlage umgebaut;
1975: Das Städtische Film- und Bildzentrum zieht in die Villa Concordia ein, der Wohnpark Bebelstraße wird gebaut;
1976: Das Hans-Sachs-Berufskolleg zieht an die Straße Am Förderturm;
1978: Das Berufsförderungswerk Oberhausen an der Bebelstraße eröffnet;
1980: Concordia wird in Concordia Chemie-AG umbenannt;
1986: Concordia richtet sich als reines Immobilienunternehmen aus;
1991: Concordia wird zur Corcordia Bau- und Boden AG (CBB);
1996: Concordia heißt nun Concordia Industrie-Holding AG; die Schweizer Erb-Gruppe wird Hauptaktionär;
2000: Concordia firmiert unter CBB Holding AG, Köln;
2003: Zusammenbruch der Erb-Gruppe;
2006: Insolvenz der CBB Holding.