Oberhausen. Nach ihrem Unfall tanzt Vanessa Mai beim Konzert in der Arena Oberhausen in Bestform. 5000 Fans wissen nun, welches Vorurteil sie maßlos ärgert.

Das Konzert ist nur wenige Minuten alt – und die Stimmung der gerade noch so fröhlich klatschenden 5000 Menschen müsste eigentlich in Schockstarre gefrieren. „Ich komme nie wieder...“ hören die Fans aus dem Mund von Schlagersängerin Vanessa Mai. Doch statt Abschiedsschmerz zu fühlen, geht die Party jetzt erst so richtig los. In der zur Hälfte gefüllten König-Pilsener-Arena in Oberhausen wissen natürlich fast alle, dass die gesungenen Zeilen eher leidenschaftliche Hintergedanken haben, die präzise aufs Herz zielen. „Ich komme nie wieder - von dir los!“

Vanessa Mai bedankt sich bei ihren Fans

Ein wenig fühlt es sich für die Treuesten unter den Vanessa-Verehrern wohl an, wie auf Wolke sieben. Denn dass die Schlagersängerin in Oberhausen an diesem Freitagabend vor ihnen steht, war zwischenzeitlich nicht wirklich klar. Ein schwerer Probenunfall zum Start ihrer Tournee setzte die 26-Jährige kurzzeitig außer Gefecht. Termine mussten abgesagt werden. Kartenbesitzer bangten um den Besuch ihrer Mai-Königin.

Letztlich wurde das ehemalige Jurymitglied aus „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) rechtzeitig wieder fit. Und die zahlreichen Genesungswünsche haben die Sängerin offensichtlich nicht kalt gelassen. Gleich zu Beginn des Konzertreigens sagt sie zur Anhängerschaft: „Ihr seid immer da, auch, wenn es mir nicht so gut geht. Das ist nicht selbstverständlich!“

Vanessa Mai tanzt auf doppelstöckiger Bühne

Bei solchen Komplimenten wird es dann wirklich warm ums Herz. Unterkühlte Worthülsen hätten angesichts der luftigen Garderobe der Protagonistin allerdings auch nicht ins Bild gepasst. Vanessa Mai zeigt sich ganz bewusst sexy. Ihr rotes Kleid bei den ersten Songs besteht aus, vornehm gehaucht: fast nichts. Die junge Sängerin aus dem baden-württembergischen Aspach gibt sich selbstbewusst.

Sie zeigt sich im flotten Tanzgalopp gemeinsam mit einer Schar von Tänzern auf dem tief in die Halle gezogenen Bühnenlaufsteg. Oder sie fährt von Lied zu Lied mit einem raffinierten Aufzug auf der doppelstöckigen Bühne hinauf und hinunter. Die Augen rollen hin – und her.

Vanessa Mai singt in ihrem Schlager-Wunderland

Es ist auch wahrlich keine karge Schwarz-Weiß-Malerei, die diese Bühne verziert. Ihr eigenes Schlager-Wunderland färbt sie wahlweise in ein sanftes Orange und ein anderes mal wechselt sie ins feurige Rot. Eine recht feudale Farb-Explosion, als wäre in unmittelbarer Nähe der Arena ein Regenbogen ausgelaufen. Tatsächlich trägt ihr aktuelles Album genau diesen Titel. Ihr Regenbogen schaffte es bis auf die oberste Spitze der deutschen Albumcharts. Das erzeugt Brücken für blumige Ansagen: „Ich möchte, dass ihr heute einen Regenbogen als Geschenk mit nach Hause nehmt.“

Ein Spruch, der so wirkt, als sei er auf einer Edelstahl-Plakette in der Hall of Fame der Schlager-Künste eingemeißelt. Dabei bietet die Show genug Ansätze, die starren Konventionen des Genres zu durchbrechen. Pop, EDM und Elektro-Variationen durchziehen die gut zweistündige Show. Schubladendenken scheint der Sängerin sowieso ziemlich auf den Keks zu gehen. „Manche Leuten fragen mich, ob das überhaupt noch Schlager ist“, sagt die Sängerin in einer stilleren Konzert-Passage. „Das regt mich auf! Ist das nicht ganz egal?“

Unterhaltsam – auch ohne große Mai-Revolution

Ja, man kann eine Show von Vanessa Mai schauen, ohne zwanghaft schräge Quervergleiche zu der auf dem Schlager-Thron sitzenden Helene Fischer zu ziehen. Auch wenn einem einige Posen schon irgendwie bekannt vorkommen, kann man die Regenbogen-Tour als Baustein zu einem stärkeren eigenen Profil betrachten. Eine Mai-Revolution im Schlagergeschäft ist es sicher nicht - doch für die Anhänger deutschsprachiger Stimmungsmusik ein unterhaltsamer Abend.