Essen/Bottrop/Oberhausen. . Nach einem Streit aus nichtigem Anlass wird ein Mann getötet. Beim Prozess-Auftakt erklärt der Angeklagte, es tue ihm „unendlich leid“.
Er selbst sagt nichts. Doch über seinen Verteidiger Siegmund Benecken räumt der 21 Jahre alte Bottroper Ramadan K. am Mittwoch vor dem Landgericht Essen ein, einen 28-Jährigen aus Hamm in Oberhausen getötet zu haben. Rund fünf Monate nach den tödlichen Messerstichen vor einem Nachtexpress an der Haltestelle „Im Lipperfeld“ versucht die Essener Jugendstrafkammer die Hintergründe der blutigen Auseinandersetzung in der Nacht zum 26. November aufzuklären.
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Zunächst war damals die Rede von einem Streit zwischen Fans von Schalke und Dortmund, weil Stunden zuvor das Derby spektakulär mit einem 4:4 geendet hatte. Doch der Anlass war noch nichtiger. Auf der einen Seite drei Freunde aus Bottrop, unter ihnen der Angeklagte Ramadan K. mit seinem 18 Jahre alten Cousin. Sie sollen am 26. November um ein Uhr nachts in der Nähe des Bottroper Busbahnhofes einem Fußgänger rüde 420 Euro entrissen haben. Anschließend setzten sie sich in den Nachtexpress der Linie 21, um nach Oberhausen zu fahren. Dort hätten sie „Mädchen kennenlernen wollen“, sagt am Mittwoch einer aus der Gruppe.
Sieben Stichverletzungen zählen die Rechtsmediziner
Doch gegen 1.30 Uhr hält der Bus am Lipperfeld in der Nähe der Turbinenhalle. Mehrere junge Leute steigen ein, die dort ein polnisches Konzert besucht hatten. Sie wollen zurück nach Hamm. Zwei Frauen haben die polnische Flagge umgehängt.
Der 18 Jahre alte Cousin des Angeklagten soll eine eher harmlose Bemerkung in Richtung der Frauen fallen gelassen haben. Laut Anklage entgegnete einer aus der Hammer Gruppe den Spruch mit „Halt die Fresse.“
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Urplötzlich eskalierte der Streit. Der Angeklagte Ramadan K. soll aufgesprungen sein und den Mann aus Hamm getreten haben. Darauf sollen dessen Freunde gemeinsam Ramadan K. im Bus zu Boden gebracht und fixiert haben.
Als der Busfahrer auf den Streit reagierte und die Türe öffnete, verlagerte sich die Auseinandersetzung nach draußen. Ramadan K., so die Anklage, habe unvermittelt auf einen der Hammer, 28 Jahre alt, eingestochen. Sieben Stichverletzungen im Oberkörper zählten später die Rechtsmediziner. Der 28-Jährige starb trotz ärztlicher Hilfe zwei Stunden später im Krankenhaus.
Soziales Jahr beim Roten Kreuz zum Tatzeitpunkt
Sein Bruder, 26 Jahre alt, hatte versucht, die Flucht von Ramadan K. zu verhindern. Ihn traf ein Stich im Gesicht, er drohte zu verbluten, wurde aber im Krankenhaus gerettet.
„Er wollte nicht töten“, sagt Anwalt Benecken für Ramadan K., „er wollte nur weg.“ Und: „Es tut ihm unendlich leid.“ Den Straßenraub in Bottrop kurz vor den Stichen in Oberhausen räume der Angeklagte auch ein: „Er war beteiligt.“
Vorstrafen hat Ramadan K. bislang nicht, zur Tatzeit absolvierte er gerade ein soziales Jahr beim Roten Kreuz. Sein Cousin, dem kein Tötungsdelikt vorgeworfen wird, bekommt ein eigenes Verfahren beim Jugendgericht in Bottrop. Für das Verfahren in Essen hat die Jugendstrafkammer insgesamt neun Verhandlungstage geplant.