Oberhausen. Es lebe der Trash! „Knight Rider“ David Hasselhoff gibt in Oberhausen ein Spaßkonzert mit haarsträubenden Einlagen und kultigen Hits.
Selbst erfahrene Satiriker wie Jan Böhmermann oder Oliver Kalkofe hätten sich an diesem Auftritt die Giftzähne ausgebissen: David Hasselhoff parodiert sich bei seinem zweistündigen Gastspiel in Oberhausen so schonungslos selbst, dass keine Angriffsfläche unversehrt übrig bleibt. Vor 3000 Fans in der stark verkleinerten König-Pilsener-Arena mimt der Lederjacken tragende Knight Rider und in roten Shorts über den Strand hechtende Baywatch-Bademeister eine überzeichnete Comic-Figur seiner selbst.
Ob der mittlerweile 65 Jahre alte Ein-Meter-93-Hüne aus Baltimore nun ein singender Schauspieler oder schauspielernder Sänger ist, wird sich nicht abschließend klären lassen: Fest steht, dass sich David Hasselhoff durch die Kult-Serien Knight Rider und Baywatch in den 1980er- und 1990er-Jahren den Status eines Kinderzimmerhelden erarbeitet hat, der bis heute nachhallt. So sehr, dass in der Arena knapp 30 Jahre nach seinem Nummer-eins-Hit „Looking for Freedom“ junge Familienväter und -mütter wie in der Fankurve einen hemmungslosen Wechselgesang anstimmen. „David? Hasselhoff! David? Hasselhoff!“
„The Hoff“ beliebter als „Der Wendler“
Eine rastlose Glückseligkeit. Dabei bietet das Konzert die besten Zutaten eines vollkommenen Desasters. Der Ton klingt grauenhaft, die illuminierten Treppenstufen blitzen derartig grell, dass Augenärzte wohl am liebsten den Saal hätten räumen lassen. Dazu die viel zu große Halle mit einigen leeren Plätzen. Ein hoffnungsloser Fall. Eigentlich.
Doch David Hasselhoff sagt nur mit souveräner Godfather-Stimme: „Keine Sorge, der Hoff ist hier!“ Und die Menge rastet aus. Damit ist tatsächlich auch alles gesagt. „The Hoff“, wie sich der Mime selbstironisch abkürzt, kommt schon besser an als „Der Wendler“ und darum feiern die Fans alles ab, was früher in der Hitparade im Micky-Maus-Heft auftauchte und mit Goldenen Bravo Ottos überhäuft wurde: „Flying on the Wings of Tenderness“, „Crazy for you“, „Do the Limbo Dance“, „Is Everybody happy?“ und „Hooked on a Feeling“. Bei den eingespielten Videos von damals, die da neben einer kleinen Kapelle über die Bildschirme flimmern, muss er manchmal selbst lachen. Lange Haarmatten, große Gesten, aufgeknöpfte Hemden, weite Strände - verschwenderisch gezeigte Emotionen. Ein Fall für die Foundation für Recht und Verprassung.
Hasselhoff-Fans feiern wie bei der Kegeltour
Doch genau das wollen sie hier sehen - und sie sehen selbst so aus. Dutzende Fans tragen aufblasbare Rettungsbojen aus der berühmten Bademeister-Serie mit sich herum. Andere haben die kurzen Hosen mit Baywatch-Wappen angezogen. Kichernde Mädelsgruppen streifen sich Hasselhoff-Masken aus Pappe über den Kopf. Überall Prost. Überall überschwappende Plastikbecher. Eine Polonaise zieht los, die Nostalgie zieht an. Die Stimmung schwankt zwischen Kegelausflug, Junggesellenabschied, Ballermann und Fußball-Stadion.
David Hasselhoff weiß um die liebevolle Ironie, die in mancher Jubelorgie mitschwingt. Doch jeden noch so schief gegrölten Sprechchor scheint er aufzusaugen. Seine einst ernsthaften Alkohol-Probleme, das durch seine Tochter aufgenommene Internet-Video, in dem er beim Totalabsturz einen Hamburger vertilgt, sind nicht vergessen. Andere zerbrachen an so etwas. Hasselhoff stand wieder auf. Die hierzulande kaum beachtete selbstironische Mockumentary-Serie „Hoff the Record“ von Netflix wurde vor zwei Jahren mit einem internationalen Emmy ausgezeichnet.
Knight Rider gibt den Hoff-Narr
K.I.T.T., das sprechende Wunderauto aus Knight Rider, steht als Nachbau in der Lobby der Oberhausener Arena und ist ein beliebtes Selfie-Motiv. Drinnen gibt der heldenhafte Ritter unterdessen den Hoff-Narr. Denn zum Finale scheint dem Sänger wirklich nichts heilig zu sein. Puristen stehen die Locken zu Berge: Hasselhoff singt „Heroes“ von David Bowie, spielt dazu historische Fotos vom Fall der Berliner Mauer ein und befeuert so seine Legende vom singenden Mauerspecht.
Auch wenn David Hasselhoff damals, wie viele gerne erzählen, mit seinem hoffnungsvollen Song „Looking for Freedom“ die Berliner Mauer nun wirklich nicht porös gesungen hat, muss man doch schon wieder schmunzeln. Das Konzert ist ein schier unkontrollierbarer, zweistündiger Amoklauf des guten Geschmacks, der unheimlich viel Spaß macht.