oberhausen. . Was ist ein „Mandant“? Die Lebenshilfe testet ein Wörterbuch der NRW-Justiz. Studenten haben es für Menschen mit Lernbehinderung entwickelt.

Mit einem deutschlandweit einzigartigen Inklusionsprojekt engagiert sich die Oberhausener Lebenshilfe für Menschen, denen das Lesen und Verstehen von Texten schwer fällt. In Kooperation mit der Fachhochschule für Rechtspflege in Bad Münstereifel testet das Oberhausener Team ein Wörterbuch, in dem die wichtigsten Fachbegriffe der Justiz erklärt werden.

Dieses Wörterbuch haben die Studenten zuvor in einem Seminar erarbeitet. Es soll den rund acht Millionen Deutschen helfen, die Schwierigkeiten haben, Fach- und Fremdworte, lange und verklausulierte Sätze zu verstehen. Kürzlich waren sie zum Ortstermin mit ihrem Dozenten Thomas Schmidt in Oberhausen.

„Leichte Sprache“ verzichtet auf Fremdwörter

Die „Leichte Sprache“ verzichtet auf Fremdwörter und kompliziertere grammatikalische Phänomene wie Verneinungen, Passivkonstruktionen oder verschachtelte Sätze mit vielen Nebensätzen. Die Herausforderung des Oberhausener Projektes: Alle Texte müssen zunächst in die „Leichte Sprache“ übersetzt werden – und das ist aufwendig.

Bei der Lebenshilfe in Oberhausen gibt es seit zwei Jahren die Gruppe „Klartext“. Ihre Mitglieder befassen sich damit, Sprache für alle verständlich zu machen. Einige von ihnen haben sich zu Prüfern für „Leichte Sprache“ ausbilden lassen. Das bedeutet, dass sie Texte, die in die vereinfachte Sprache übersetzt wurden, auf ihre Verständlichkeit für Menschen mit Leseschwierigkeiten hin untersuchen. Um Prüfer zu werden, muss eine Lernbehinderung vorliegen. Nur so ist sichergestellt, dass der übersetzte Text am Ende wirklich für jeden verständlich ist.

Was bedeutet „Mandant“?

Von der Expertise der Oberhausener Behindertenwerkstatt profitiert nun das gesamte Justizsystem des Landes: Rund 300 Gerichte, Gefängnisse und Staatsanwaltschaften wollen ihren Internetauftritt überarbeiten und einen Bereich in „Leichter Sprache“ anbieten. Worte wie „Anwalt“, „Mandant“ oder auch „Zwangsversteigerung“ sind dann in einem speziell vereinfachten Wörterbuch zu finden.

Die Prüfer in Oberhausen sind daran maßgeblich beteiligt. „Wir sind hier von der Lebenshilfe der Experte in der Region“, erklärt Stephanie Franken von der Beratungsstelle „Leben im Pott“. Die Studenten der Fachhochschule hätten den weiten Weg von Bad Münstereifel nach Oberhausen deshalb gerne auf sich genommen.

„Ich will, dass den Leuten damit geholfen wird“

„Für Leute, die ein Handicap haben, ist das sehr brauchbar“, lobt Prüfer Leonart Pyth-Greca die Studenten. Er selbst kennt Schwierigkeiten mit Behördenbriefen aus eigener Erfahrung: „Was ich nicht verstanden habe, waren die Schreiben von den Ämtern“, erzählt er. Er habe deshalb sogar schon Nachzahlungen oder Mahngebühren in Kauf nehmen müssen.

Damit es anderen nicht genau so ergeht, macht er sich für die vereinfachte Sprache stark. „Ich will, dass den Leuten damit geholfen wird“, sagt Leonart Pyth-Greca. Er ist stolz, einen so wichtigen Auftraggeber wie das NRW-Justizministerium zu haben. Denn, das versichert Dozent Thomas Schmidt, in diesem Umfang sei das Thema „Leichte Sprache“ im Bereich Justiz noch in keinem anderen Bundesland eingebracht worden.

>>>>>>>>>> Leichte Sprache: ein Beispiel

Vor allem Fachworte haben die Studenten ins Wörterbuch aufgenommen. Dazu gehören auch vermeintlich alltägliche Worte wie der Begriff „Justiz“.

Die Definition in leichter Sprache: „Justiz ist ein wichtiger Teil von einem Staat. Die Justiz entscheidet, wer Recht hat. Zur Justiz gehören zum Beispiel: die Gerichte und die Gefängnisse.“