oberhausen. . LVR-Industriemuseum feiert im Peter-Behrens-Bau den 150. seines Erbauers. Der Hamburger Allrounder schuf Kunst, Alltags-Design und Architektur.
Den knackigeren Ausstellungstitel in diesem Peter-Behrens-Jahr haben, leider, die Kölner den Oberhausenern vorweg: „Alleskönner“ heißt schlicht und treffend die Schau des MaKK, des Museums für angewandte Kunst Köln. Doch das LVR-Industriemuseum hat die Dauerausstellung mit der schönsten Aussicht: In 25 Metern Höhe sollte man an der Essener Straße 80 nicht nur auf „Peter Behrens – Kunst und Technik“ blicken, sondern auch aus den Fenstern dieser Kommandobrücke auf Oberhausens Neue Mitte.
Museumsdirektor Walter Hauser macht aus der Not eine Tugend: In zwei Wochen schließt die Dauerausstellung in der Zinkfabrik Altenberg, im Herbst auch die „Energiewenden“-Schau – und der Peter-Behrens-Bau darf als Museum auf Zeit für mindestens zwei Jahre übernehmen. „Der Startpunkt ist heute“, so Hauser. „Wir hoffen, dass dieses Gebäude die verdiente Anerkennung bekommt, die ihm zusteht.“
Und sein Erbauer, der vor 150 Jahren in Hamburg geborene Peter Behrens, war noch nicht einmal studierter Architekt – sondern akademisch gebildeter Maler. Ein Allround-Gestalter, als es das Wort Designer noch nicht gab. Der Sohn nordelbischer Gutsbesitzer führte – prägend in seiner Zeit als Chefgestalter aller AEG-Produkte und der Fabriken, in denen sie entstanden – vom Jugendstil zum Bauhaus.
„Vom Taschentuch bis zur Turbinenfabrik“
Denn, so zitierte Kurator Holger Klein-Wiele aus dem titelgebenden Vortrag „Kunst und Technik“ von 1910: „Die Industrie hat es in der Hand, Kultur zu schaffen.“ Behrens, der schon in Darmstadts Jugendstil-Siedlung Mathildenhöhe ganzheitlich arbeitete, meinte damit nicht nur die gute Gestaltung – sondern auch ein neues, stolzes Verhältnis des Arbeiters zu seinem (Tage-)Werk. „Das war idealistisch gedacht.“ Holger Klein-Wiele gießt gehörig Wasser in den Jubiläums-Wein zu 100 Jahren Bauhaus (deren Großmeister von Mies van der Rohe über Walter Gropius bis zu Le Corbusier allesamt Behrens-Schüler waren): Diese „Herren der Schöpfung“ lebten und handelten längst nicht immer so fortschrittlich, wie sie predigten.
Dabei prunkt, quasi als Entree der Ausstellung, ein „Reformkleid“ des Jugendstil-Künstlers Peter Behrens – dessen Gestaltungswillen eben „vom Taschentuch bis zur Turbinenfabrik“ reichte, so das Bonmot von Prof. Thomas Schleper, dem Beauftragten des LVR für das landesweite Projekt „Bauhaus 100 im Westen“. Das Taschentuch fehlt in der Ausstellung, aber es gibt den Toaster und den elektrischen Teekessel nebst Tischventilator – alles Peter-Behrens-Design. Für ein komplettes Wertheim-Besteck des „Alleskönners“, schätzt Thomas Schleper, müsste man heute 30 000 Euro anlegen.
„Wir wollen Objekte zeigen, die ikonisch sind“
Den Architekten repräsentieren neben einer Fülle historischer und aktueller Fotos die Modelle von Studenten der Düsseldorfer Peter Behrens School of Arts. In der Landeshauptstadt nahm Behrens als Direktor der Kunstgewerbeschule von 1903 bis 1907 prägenden Einfluss als „Prolog-Figur“, so Walter Hauser, des Bauhauses.
Köln und die Kunstmuseen Krefeld mit dem Titel „Das Praktische und das Ideale“ präsentieren spezielle Aspekte im Schaffen des 1940 gestorbenen Multitalents. „Wir wollen exemplarisch Objekte zeigen“, sagt Holger Klein-Wiele, „die ikonisch sind“. Die stolzeste „Ikone“ ist der 93-jährige Peter-Behrens-Bau.
>>>> Das „größte Exponat“ öffnet an Wochenenden
Geöffnet ist der Peter-Behrens-Bau, Essener Straße 80, vom 28. April an zunächst nur an den Wochenenden von 11 bis 18 Uhr. Führungen sind auch unter der Woche möglich, zu buchen bei Kulturinfo Rheinland, 02234-99 21 555.
Erst am 18. September startet der volle Ausstellungsbetrieb auch dienstags bis freitags. Der Eintritt kostet 4 Euro, ermäßigt 3 Euro. Zum Peter-Behrens-Jahr legen die beteiligten Museen, statt eines dicken Katalogs, zwölf 32-seitige Booklets auf. Einzeln kosten sie 3,50 Euro, gebündelt im schönen Schuber kosten sie 35 Euro.