Oberhausen. Aus ihrer syrischen Heimat mussten die vier jungen Männer fliehen. Nun arbeiten sie als Paketbote in Oberhausen – und sind dankbar.
Etwas in Eile sind sie immer: Auch an diesem Mittwochmorgen schauen die vier Männer in Gelb und Rot ungeduldig auf die Uhr. 10.30 Uhr. Eigentlich müssten sie längst los, weil die Pakete, die Mohammad Fayad (27), Mahmoud Almanala Suliman (27), Abdul Kadar Thalja (33) und Hussein Hamo (31) austragen, von vielen Oberhausenern oft sehnsüchtig erwartet werden.
Die vier aus Syrien stammenden Zusteller arbeiten bei der Deutschen-Post-Tochter DHL. Im Zustellzentrum an der Friedrich-Karl-Straße beginnt fünf Mal die Woche ihre Runde. Nach einem Sechs-Monate-Praktikum haben sie Ende vergangenen Jahres einen befristeten Job bekommen. Bezirks-Chef Thomas Bluhmki erklärt: „Sie sind sehr engagiert bei der Sache, immer pünktlich und dazu sehr dankbar für die Arbeit – anders als bei so manchem deutschen Kollegen.“
Doch bevor es so weit war, hatten sie ein straffes Programm zu absolvieren: Sprachkurse, Führerschein – auch für den Gabelstapler – und das Fahren mit Gefahrgut mussten sie komplett neu erlernen. Alles in einer immer noch fremden Sprache. Dazu zwei Monate als Beifahrer eines deutschen Kollegen. Dinge wie Straßen,- Vor,- oder Nachnamen sind damals einfach unbekanntes Terrain. „Umso erstaunlicher ist es, wie gut sie heute allein auf dem Auto klarkommen“, findet der Vorgesetzte.
Keiner hat zuvor Pakete geschleppt
In Syrien hat keiner von ihnen vorher Pakete geschleppt: Fayad war Jurist, Suliman Bauunternehmer und Thalja gelernter Koch – hierzulande würden diese Vorkenntnisse wohl unter den Begriff „überqualifiziert“ fallen.
Hussein Hamo studierte Wirtschaft in Damaskus – in Oberhausen an Türen zu klingeln, sei für ihn dennoch kein Abstieg, sondern eine Chance. „Für mich ist es erstmal wichtig, in Deutschland anzukommen, dabei war die Sprache am Anfang das größte Problem.“
Seine Ziele hat Hamo deshalb früh abgesteckt: Familie und vor allem Arbeit – und somit eigenes Geld verdienen. Bei der Post heißt das: Tariflohn – 12,88 Euro gibt’s pro Stunde. Gearbeitet wird 38,5 Stunden die Woche. Wer am Samstag fährt, hat in der Woche einen Tag frei. Laut Chef Bluhmki ist die Arbeitszeit für manche von ihnen gar nicht ausreichend. „Wir wurden schon gefragt, ob nicht auch sonntags gearbeitet werden darf“, erzählt der Mann im Anzug und lacht.
Zur Ersatzfamilie geworden
Für ihn sei die Kooperation mit der Agentur für Arbeit und dem Bildungsträger „Simply Learn“ ein Erfolgsrezept. Integration finde nun mal nicht nur in Unterrichtsräumen statt. „Hier unter den Kollegen lernt man die Sprache doch am besten – im täglichen Miteinander.“ Seine neuen Mitarbeiter seien sich sowieso für nichts zu schade. „Auch wenn die eigene Tour vorbei ist, helfen sie oft den anderen, die noch nicht durch sind. Inzwischen sind wir wie eine Ersatzfamilie geworden.“
>>>INFO: Vom Praktikum zum Arbeitsvertrag
Bei der Deutschen Post haben – laut Konzernbericht– im vergangenen Jahr 362 Flüchtlinge deutschlandweit ein Praktikum absolviert. Drei von vier Praktikanten wurden danach tatsächlich angestellt, dazu kommen 23 Azubis. Im Bezirk Oberhausen, Duisburg und Dinslaken liegt die Übernahme-Quote aber niedriger – hier findet sich nur etwa jeder Dritte später als Mitarbeiter im DHL-Transporter wieder.