Oberhausen. Viele Frauen haben im Hauptbahnhof besonders in den Abendstunden ein mulmiges Gefühl. Ist die Angst begründet? Wir beleuchten die Hintergründe.

Immer häufiger erleben besonders Frauen den Oberhausener Hauptbahnhof als Angstraum. Das geht einem Aufruf dieser Zeitung hervor. Wir wollten von unseren Leserinnen und Lesern wissen, was sie an den Bahnhöfen in Oberhausen stört oder sogar verängstigt. Auf den Aufruf meldeten sich gleich mehrere Frauen, die aufgrund schlechter Erfahrungen vor allem den Hauptbahnhof in den späteren Abendstunden meiden. Grund genug für unsere Redaktion, einen genaueren Blick auf die Sicherheit am Bahnhof zu werfen:

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Aus der Polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2016 geht hervor, dass am Oberhausener Hauptbahnhof über das Jahr gesehen 369 Straftaten registriert wurden. Eine Zahl, die vergleichsweise niedrig liegt, meint Dajana Burmann, Pressesprecherin der Bundespolizeiinspektion Düsseldorf: "Mit rund einer Straftat pro Kalendertag bildet der Oberhausener Hauptbahnhof keinen Kriminalitätsschwerpunkt in Nordrhein-Westfalen."

Das sagt die Polizei zur Sicherheitslage an den Bahnhöfen

Der Hauptbahnhof

Im Jahr 2016 verzeichnete die Bundespolizei am Hauptbahnhof Oberhausen 369 Straftaten. Neben Betrugs- und Vermögensdelikten (2016: rd. 185) bilden Diebstähle (2016: 120) den größten Anteil dieser erfassten Straftaten. Körperverletzungsdelikte liegen bei einem Anteil von nur fünf Prozent. Für das Jahr 2017 verzeichnete die Polizei einen geringen Anstieg sowohl bei den Straftaten insgesamt, als auch in den einzelnen Deliktsbereichen. 

Der Bahnhof Sterkrade

Für den Bahnhof Oberhausen-Sterkrade wurden von der Bundespolizei im Jahr 2016 76 Straftaten erfasst. Dabei handelte es sich fast ausschließlich um Betrugs- und Vermögensdelikte, wie zum Beispiel Beförderungserschleichungen. Für das Jahr 2017 verzeichnet die Polizei einen tendenziellen Rückgang. Im Jahr 2013 wurden insgesamt 119 Straftaten, im Jahr 2014 107 und 2015 73 Straftaten erfasst. 

Der Bahnhof Oberhausen Holten

Im Bahnhof Oberhausen-Holten wurden im Jahr 2016 24 Straftaten aufgenommen. 2017 ist die Zahl der Straftaten leicht angestiegen. Im Vergleich zu den Vorjahren jedoch wieder gesunken. 2013 waren 75 Straftaten zu verzeichnen, 2014 waren es 68 und 2016 45. 

Der Bahnhof Osterfeld-Süd

Am Bahnhof Oberhausen-Osterfeld Süd wurden im Jahr 2016 21 Straftaten von der Bundespolizei aufgenommen. Im Jahr 2017verzeichnen die Behörden eine minimale Steigerung.   

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Warum fühlen sich so viele Menschen unsicher?

In der Statistik ganz oben stehen Betrugsdelikte (rund 185), gefolgt von 120 Diebstählen. Zu Körperverletzungen kommt es relativ selten, sie machen gerade einmal fünf Prozent der gesammelten Straftaten aus. Wie kann es also sein, dass sich so vielen Menschen, vor allem Frauen, am Hauptbahnhof unsicher fühlen - ihn sogar meiden?

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Eine Leserin, ihren Namen will sie lieber nicht nennen, erlebte innerhalb kürzester Zeit gleich zwei Grenzüberschreitungen am Hauptbahnhof. Die Frau stört sich vorallem an der fehlenden Polizeipräsenz. "Ich hatte eine berufliche Verabredung am Bahnhof, wurde von einem Mann bedrängt", sagt die junge Frau. Einige Wochen später wurde sie von einem Fahrradfahrer angefasst.

"Mir hat in diesen Momenten ein direkter Ansprechpartner gefehlt", sagt sie. Streetworker würde sie sich wünschen, mehr Polizeipräsenz und überhaupt mehr Öffentlichkeit. Eine Facebook-Nutzerin schreibt: "Sicher fühlt man sich am Hauptbahnhof schon lange nicht mehr." Und eine andere junge Frau beklagt: "Wenn möglich vermeide ich den weg durch den Bahnhof nach 22 Uhr."

"Pro Bahn": Dunkle Unterführungen machen vielen Fahrgästen Angst

Es ist bei weitem kein reines Oberhausener Problem: Nach Urin stinkende Ausgangsbereiche, dunkle Unterführungen oder Pöbeleien - die "Aufenthaltsqualität" sei auch an anderen Bahnhöfen wie Köln oder Dortmund immer wieder ein Thema, sagte Lothar Ebbers vom Fahrgast-Verband "Pro Bahn" in NRW. Teils liege das an baulichen Mängeln. "Dunkle Unterführungen" und schwer einsehbare Katakomben könnten zu "Angsträumen" werden, sagte Ebbers.

Lothar Ebbers bemängelt Aufenthalts-Qualität.
Lothar Ebbers bemängelt Aufenthalts-Qualität. © Lars Fröhlich

Andere europäische Staaten wie die Niederlande haben laut Ebbers positive Erfahrungen mit Eincheck-Systemen vor den Bahnhöfen gemacht. Dann könnten nur noch Ticket-Besitzer den Bahnhof betreten. Den neuen Bahnhof in Arnheim sollte man sich als Beispiel nehmen, meint Ebbers. Dort stünde ein Klavier in der Bahnhofshalle, die Stimmung sei viel gelöster. "In so einem Bahnhof verpasst man gerne mal seinen Zug."

Bahn: Starke Frequenz durch Nähe zu Veranstaltungen

Bahnhöfe als verwahrloste "No-Go-Areas"? Die Deutsche Bahn will das nicht so stehen lassen. "Bahnhöfe sind als öffentliche Räume immer auch ein Spiegelbild der Gesellschaft. Unserer Einschätzung nach bilden die Oberhausener Bahnhöfe hier keinen Schwerpunkt", sagt die Bahn auf Nachfrage dieser Zeitung. Ein spezieller Fall sei der Oberhausener Hauptbahnhof dennoch.

Durch die Nähe zu mehreren Veranstaltungsorten, wie der Turbinenhalle, kommt es häufig zu einer
Durch die Nähe zu mehreren Veranstaltungsorten, wie der Turbinenhalle, kommt es häufig zu einer "starken Frequenz" des Hauptbahnhofs. © Christoph Wojtyczka

Durch die Nähe zu mehreren Veranstaltungsorten, wie der Turbinenhalle, dem Centro oder der Arena, käme es häufig zu einer "starken Frequenz" des Hauptbahnhofs. "Gerade zu großen Veranstaltungen wird dann gezielt DB Sicherheit eingesetzt", sagt ein Bahn-Sprecher.

Wann es am Bahnhof zu Modernisierungen kommen wird, ließ die Bahn noch offen. Nur so viel: "Die Bahnsteige und der Personentunnel des Oberhausener Hauptbahnhofes sollen im Rahmen der Modernisierungsoffensive 3 umfassend modernisiert werden. Da sich die Modernisierungsoffensive 3 in einem frühen Planungsstadium befindet, können wir zu Details der Modernisierung oder konkreten Zeiträumen noch keine Angaben machen."