OberhAUSEN. . „Bertha“-Gymnasium setzt ein Zeichen gegen Nazis und Populismus. Warum sogar unpolitische Bands bei ihrer Premiere nicht schweigen.

Es gehört zurzeit leider zum politisch „guten Ton“ von Begriffen wie „Heimat“, „wir“ und „die Flüchtlinge“ zu sprechen. Dass diese Tonart aber so gar nicht zum Lebensrhythmus der jungen Menschen in Oberhausen passt, beweist mal wieder das Musikfestival
„Rock gegen Rechts“ am „Bertha“. Vier Bands, vier Genres: von Pop, Rock über Akustik bis zu Metal bekommen die über 400 Besucher in der Aula des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums am Freitagabend ordentlich was auf die Ohren.

„Rock gegen Rechts“ — das wird wie jedes Jahr von den Schülern organisiert. Der Erlös ist für Protestaktionen und Vorträge an der Schule gedacht. „Wir wollen damit zeigen, dass wir keine Angst vor Islamisierung haben und eher weltoffen sind“, erklärt Leon Wottka (17) von der Schülervertretung (SV). „Bei über 40 verschiedenen Nationen an der Schule sind wir eh weit verstreut und es funktioniert.“ Ein paar „pubertäre“ Schmierereien (Hakenkreuze) seien in letzter Zeit zwar an der ein oder anderen Toilettenwand aufgetaucht, „aber da greift die Schulleitung gut durch“.

Jede Menge helfende Hände

Die Arbeit für das Festival beginnt derweil bereits im Sommer. Dabei sind es vor allem die Antifa-AG, die Technik-AG – zuständig für den Nebel, die Scheinwerfer und verdammt viel Lautstärke – sowie die SV, die eine Veranstaltung dieser Größe möglich machen; jede Menge helfende Hände also, die am Bertha und außerhalb offenbar vorhanden sind.

„Rock gegen Rechts“ sei außerdem so etwas wie ein Ehemaligen-Treffen, sagt Jens Koberstein (36): „Egal, wer mal am ‘Bertha’ war oder nur einmal beim Konzert — sie kommen immer wieder.“ Der SV-Lehrer hilft den Schülern bei Kleinigkeiten: „Wir haben hier und da mal an wichtige Dinge erinnert, aber die Arbeit machen die Schüler in ihrer Freizeit. Da kann ich nur den Hut ziehen.“

Powerpluck coverten Michael Jackson’s „Black or White“ und dazu auch den Protestsong schlechthin: Rage Against The Machine’s  „Killing in the Name of.“
Powerpluck coverten Michael Jackson’s „Black or White“ und dazu auch den Protestsong schlechthin: Rage Against The Machine’s „Killing in the Name of.“

Doch zurück zur Musik — denn das Line-up hat es in dieser Nacht in sich: über die Coverband „Powerpluck“ um Marianne Toure (14), selbst Schülerin am „Bertha“, geht es weiter zu Akustiksongs von „Furthermore May“ und abschließend der rohen Härte der Hardcore-Nu-Metal-Band „Elwood Stray“.

Der erste Vorhang fällt allerdings für „Big Politics“, die trotz ihres Namens, der satirisch gemeint ist, eine klare Botschaft setzen wollen. Frontmann Benedikt Einert (24) erklärt: „Wir sind eigentlich mehr die Leute, die viel reden und dann wenig tun. Beim Thema Rechts können wir aber nicht schweigen.“

So wird die Premiere der Band eben doch politisch und ist zudem hart erkämpft: Schließlich mussten alle Musiker vorher an einem Casting der Schule teilnehmen. Bei der breiten Auswahl an Musikstilen ist es kein Zufall, dass neben den beschaulichen „Arme von rechts nach links“-Momenten auch ins Mikrofon geschrien wird.

„Big Politics“ kommen mit „Riot“ (Aufruhr) zwar trotz des Titels eher zahm um die Ecke, aber spätestens mit dem fünften Song „Desperate Times“ entzündet Sänger Benedikt Einert dann die Flamme, die noch bis tief in die Nacht lodern sollte; von Band zu Band weitergetragen und übers Publikum zum Flächenbrand mutiert — getreu dem Refrain: „We have no fear – we stand up tall.“ Denn schweigen, das wissen die „Bertha“-Schüler, hilft nichts gegen rechte Hetze.