Oberhausen. Das Konzert ist seit langem ausverkauft: Vor seinem Auftritt seiner Kelly Family in Oberhausen redeten wir mit Joey Kelly – über Fans und Humor.
Sie sind zurück – und Oberhausen gehört zu ihrer Familienbande: Am Samstag spielt die Kelly Family in der Köpi-Arena ein ausverkauftes Comeback-Konzert. Vorher erzählt Joey Kelly in unserem Interview, wie er mit Kritikern umgeht und was er am Revier schätzt.
Herr Kelly, sind Sie Frühaufsteher?
Joey Kelly: Um sechs Uhr, spätestens um halb sieben, bin ich wach.
Und nun hält Sie die Comeback-Tour mit der Kelly Family auf Trab. Ist die Reise von Stadt zu Stadt eine Umstellung?
Kelly: Nein, als Ausdauersportler halte ich seit 14 Jahren Vorträge bei großen Firmen. Also reise ich fast jeden Tag durch Deutschland. Es ist interessant: Früher war die Musik der Grund. Aber mein Rhythmus hat sich nicht verändert.
Das Comeback der Kelly Family hat viele Fans überrascht...
Kelly: Ganz ehrlich: Ich hatte nie damit gerechnet, dass wir für die Musik als Familie wieder zusammenkommen. Mein Bruder Angelo hat es aber geschafft, genügend Kellys zusammenzutrommeln. Also habe ich wieder angefangen, an den Instrumenten zu üben.
Hatten Sie etwas verlernt?
Kelly: Das Thema Musik war im Gegensatz zu meinen Geschwistern für mich damals abgeschlossen. Ich habe zehn Jahre lang keine Musik mehr gemacht. Warum auch? Eine Karriere als Solo-Künstler hat mich nie gereizt. Nach einer Pause ist es nicht ganz so einfach wie beim Fahrradfahren, aber es kommt schnell zurück.
Woran mussten Sie arbeiten?
Kelly: Der Gesang war kein Problem. Die Texte sind im Kleinhirn fest gespeichert. Sobald ein Song angespielt wird, ist alles wieder da. Allerdings mussten wir an den Tonlagen arbeiten. Hören Sie sich „An Angel“ an, es klingt im Stimmbruch schon anders als heute... (lacht)
Wer hat Sie zuletzt überrascht?
Kelly: Helene Fischer! Ich bin zwar kein Fan, aber die Frau kann einfach alles. Ich war auch beim Konzert von Metallica. Das war großartig!
Geht es in einer Großfamilie immer harmonisch zu?
Kelly: Es gab natürlich auch früher Meinungsverschiedenheiten. Aber dabei ging es doch meistens um Themen, die heute nicht mehr wichtig sind. Andere sind Kopfmenschen, ich bin eher ein Macher. Aber jeder hat sich weiterentwickelt und respektiert den Anderen.
Jeder wird mit der Zeit also reifer?
Kelly: Nicht jeder! Teilweise hat man bei einigen Menschen sogar das Gefühl, dass sie sich zurückentwickeln. Andere kämpfen dagegen und stecken sich im Leben immer neue Ziele. Das gefällt mir.
Apropos: Waren Sie neugierig, wie sich Ihre Fans entwickelt haben?
Kelly: Total! Ich würde sagen, dass wir 30 Prozent neues Publikum hinzugewonnen haben. Die Fans von früher kommen mit ihren Kindern. Die können uns gar nicht kennen, singen aber plötzlich die Songs mit. Dann denkst du nur: Wow!
Was denken Sie von Oberhausen?
Kelly: Wir haben früher in Oberhausen in den Fußgängerzonen gespielt. Genauso wie in den Nachbarstädten. Im Ruhrgebiet hatten wir immer die meisten Fans. Das war für uns Kellys eine Hochburg. Das Ruhrgebiet ist wunderschön, gerade wenn man das klischeehafte Grau im Kopf hat. Das Ruhrgebiet ist aber ein Naturwunder. Den Ruhrmarathon vermisse ich übrigens!
Was war vor der Tour Ihre größte Sorge?
Kelly: Als mein Bruder für das erste Konzert von der Dortmunder Westfalenhalle sprach, habe ich das nicht ernst genommen. Ich hab ihm gesagt: Die ist zu groß, lass uns lieber die Grugahalle in Essen buchen. Da kann man zur Not mit dem Vorhang die Halle verkleinern. (lacht) Aber dann war die Westfalenhalle plötzlich drei Mal ausverkauft.
Schauen Sie auf die Schlagzeilen von heute?
Kelly: Bisher hat noch keiner geschrieben: Die nerven aber... (lacht)
Was ist anders als früher?
Kelly: Die Hysterie von früher gibt es nicht mehr. Wir sind vor unseren Konzerten in Dortmund mittags für Autogramme vor die Halle gegangen. Das wäre früher nicht möglich gewesen. Die Leute hätten uns überrannt. Heute ist alles angenehmer. Die Konzerte sind bestuhlt, keiner muss mehr vor der Halle übernachten, um in die erste Reihe zu kommen.
Haben Sie die Scherze über die Kellys damals getroffen?
Kelly: Die Leute fanden uns entweder super oder total doof. Mich hat das nicht getroffen. Ich hatte ja mein schönes Leben. Für manche meiner Geschwister war das anders. Klar, ich treffe auch heute bei einer Tagung Leute, die die Kellys immer noch doof finden. Aber wenn man dann mit den Leuten spricht, sagen sie hinterher meistens: Das gibt’s doch nicht, der Mensch ist doch ganz normal... (lacht)
Welche Menschen haben Sie beeindruckt?
Kelly: Ich war mit Markus Lanz für die ZDF-Sendung „Der Wettlauf zum Südpol“ viereinhalb Wochen unterwegs. Im TV mochte ich ihn nicht sonderlich. Aber wenn du mit jemanden viereinhalb Wochen in einem Zelt lebst und 400 Kilometer durch die Kälte marschierst, kannst du dich nicht verstellen. Das ist die extremste Erfahrung. Hinterher habe ich gesagt: Der Markus ist ein cooler Typ. Er ist loyal, teamfähig und hat sich nie aufgespielt. Das ist für mich ein echter Charakter. Wenn es hart auf hart kommt, dann sehe ich, wie ein Mensch wirklich ist.
Fehlt Ihnen Ihr Kollege Stefan Raab?
Kelly: Ich habe 14 Jahre alle Raab-Events mitgemacht. Er hat alles richtig gemacht. Stefan Raab hat mir schon vorher gesagt, dass er mit 50 Jahren aufhören möchte. Das hat ihm damals nur keiner geglaubt.
Früher ist Stefan Raab nicht gerade sanft mit den Kellys umgegangen...
Kelly: Stefan Raab hat gegen die Kellys richtig ausgeteilt. Bei jeder Sendung gab es einen Kelly-Witz. Das fanden wir nicht lustig. Das war teilweise jenseits der Grenze. Irgendwann kam eine Anfrage. Er wollte uns in seine Show einladen. Ich habe veranlasst, die E-Mail sofort zu löschen. Doch er ließ nicht locker. Also sagte ich, er solle mich doch persönlich anrufen. Und das hat er getan.
Wie war Ihre Antwort?
Kelly: Das funktioniert nicht. Meine Familie kommt nicht in deine Sendung. Dann hat er mir angeboten, dass nur ich komme und wir über einen Marathon-Lauf sprechen. So lief es auch. In der Show hat Stefan Raab mir die Hand darauf gegeben, dass er nie wieder schlecht über die Kellys reden wolle – und er hat sein Wort gehalten. Auch Stefan Raab ist erwachsen geworden.
Fehlt Ihnen der Sport während einer Tournee?
Kelly: Nein, ich kann auch während der Tour trainieren. Das habe ich schon früher so gemacht. Laufen und Radfahren, das funktioniert überall.
Wünschen Sie sich das Leben von damals zurück?
Kelly: Es sollte nicht so sein wie früher. Damals haben wir ohne Unterbrechung Konzerte gespielt. Die rund 50 Auftritte, die wir bis zum Sommer spielen, reichen aus. So kann man alles mehr genießen.
>>>>INFO: Die Geschichte der Kelly Family
Die Kelly Family gründete sich 1974. In den frühen Jahren zogen die Familienmitglieder vornehmlich als Straßenmusikanten durch Europa. Der Durchbruch gelang 1994 mit dem Album „Over the Hump“. In ihrer Musik vereinen sich Einflüsse aus Folk, Pop und Rock. Bei der Comeback-Tournee „We got love“ sind sechs Mitglieder der Kelly Family mit dabei. Der populäre Sänger Paddy Kelly fehlt allerdings und verfolgt stattdessen Solo-Projekte. Erstmals seit 1999 gehen die verbliebenen Musiker wieder auf große Tour.