Oberhausen. . Der Anteil der Tatverdächtigen ohne deutschen Pass ist höher als der Anteil von Ausländern in Oberhausen – doch das bedeutet recht wenig.

Die ausführliche Grundtabelle der Oberhausener Kriminalstatistik erschlägt selbst Zahlenfreunde: In über 700 Reihen werden Straftaten, Strafverdächtige und weitere Details zu den Delikten aufgeführt. Daraus hat Polizeipräsident Ingolf Möhring Daten und Bewertungen auf 34 Seiten als recht verständlichen Kriminalitätsbericht aufbereiten lassen – und stellte für die Öffentlichkeit auf der Internetseite des Präsidiums beide pdf-Dateien zum Abruf bereit (https://oberhausen.polizei.nrw).

„Wir gehen offen mit den Kriminalitätsentwicklungen um, um allen Menschen ein realistisches Bild von der Lage zu geben“, sagte Möhring. Aber er räumt auch ein, dass man in früheren Jahren in einem Punkt viel vorsichtiger war: Mit der Betrachtung der Täter, die keinen deutschen Pass besitzen. Heute ist aus dem Bericht klar zu sehen: Von allen 7331 Tatverdächtigen hatten 2231 Menschen keinen deutschen Pass – das sind 30,5 Prozent. Der Anteil von hier lebenden Nichtdeutschen an der gesamten Oberhausener Einwohnerschaft liegt bei nur 13 Prozent.

„Unter den Tatverdächtigen sind Ausländer überproportional vertreten“, konstatiert Peter Mosch, der seit Anfang 2018 die Direktion Kriminalität in Oberhausen leitet. Dazu gehörten auch alle Tatverdächtigen aus den Staaten der Europäischen Union.

Die Lebensumstände sind entscheidend

Doch recht viel gewonnen ist mit dieser Erkenntnis nicht. „Es gibt viele Studien, die sich mit der Kriminalität von Ausländern beschäftigen. Man kann aus den höheren Anteilen von Ausländern eben nicht schließen, dass eine bestimmte Nationalität empfänglicher für Straftaten ist als eine andere“, erläutert Polizeipräsident Möhring. Denn: „Die Lebensumstände von Menschen sind viel entscheidender dafür, ob sie Straftaten begehen oder nicht.“ Kriterien sind dabei: Alter, Geschlecht, Bildung, Armut, Zukunftsaussichten, Familienstand (alleinlebend oder verheiratet mit Kindern). So werden junge Männer aller Nationen häufiger straffällig als ältere Frauen. Ist eine Gruppe jünger und männlicher als eine andere, so weist diese eine höhere Zahl an Straftaten auf. Aufgrund dieser Ergebnisse von Soziologen verwundert nicht, dass die Gruppe der Flüchtlinge mit einem hohen Anteil von jungen ledigen Männern der Polizei öfter auffällt.

Die Oberhausener Polizei hat sogar untersucht, ob Asylbewerber dafür verantwortlich sind, dass die Zahl der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung (Vergewaltigung, sexueller Missbrauch, sexuelle Belästigung) 2017 gestiegen ist – nämlich von 119 auf 151 Fälle.

Grapscher oder Vergewaltiger?

Sind Flüchtlinge also Grapscher oder Vergewaltiger?

Erste Beobachtung: Die Zahl der Vergewaltigungen ist von 28 auf 24 gesunken. Zweite Beobachtung: Die Zahl der Sexualdelikte ist vor allem gestiegen, weil 2017 erstmals der neue Straftatbestand der „sexuellen Belästigung“ galt (33 Fälle). Dritte Beobachtung: Von den 151 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung sind ganze acht Fälle von Asylbewerbern verursacht worden.

„Einige Politiker machen es sich zu einfach, wenn sie über die Kriminalitätslage in Deutschland reden. Es gibt in diesem Bereich eben keine einfachen Antworten“, schlussfolgert Möhring.

Eine Negativ-Hitliste der Nationen

Den Anteil von Tatverdächtigen ohne deutschen Pass erhöhen auch einreisende Profibanden: Etwa Einbrecher-Gruppierungen aus dem Balkan oder Diebesbanden aus Rumänien oder Bulgarien.

Unter den ausländischen Tatverdächtigen sind in Oberhausen am häufigsten Menschen aus der Türkei, aus Serbien, Rumänien, Syrien, Polen, Marokko und aus dem Kosovo. Im Gegensatz zum Essener Polizeipräsidium haben die Oberhausener diese Nationen-Negativ-Hitliste in ihrem Kriminalitätsbericht nicht gesondert aufgeführt. „Aus kriminalpolizeilicher Hinsicht besteht darin kein besonderer Erkenntnisgewinn. Wir liegen etwa ähnlich wie ganz NRW, haben keine Auffälligkeiten festgestellt“, erläutert Polizeisprecher Maik Podlech. „Im Einsatz behandelt die Polizei bei einer Straftat jeden gleich – unabhängig von der Nationalität.“ Dagegen sei bei der Prävention gegen Verbrechen für die Polizei nützlich, die Staatsangehörigkeiten zu kennen – etwa bei Autokontrollen gegen Einbrecher oder für die Präventionsarbeit, um ausländische Gruppen über inakzeptables Verhalten aufzuklären.