OBERHAUSEN. . Das Sally Perel gewidmete Filmfestival zeigt Propaganda-Film „Jud Süß“. Der einstige „Hitlerjunge Salomon“ im Gespräch mit Autorin Randi Crott.

Mit bald 93 Jahren reist Sally Perel einen vollen Monat lang durch Deutschland, spricht vormittags vor Schülern und abends vor einem erwachsenen Publikum. „Er hat eine Mission“, sagt Cornelia Schiemanowski von der GEW schlicht.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft zählt mit der Volkshochschule und der Gedenkhalle zu den Veranstaltern des nun dritten „Sally Perel Filmfestivals“ vom 13. bis 20. März. Den Ideal-Termin während der „Woche der Brüderlichkeit“ reserviert der einstige „Hitlerjunge Salomon“ gerne für seine Oberhausener Gastgeber. Man schätzt einander. „Er hat hier so viele Fans“, sagt Gesa Reisz, die VHS-Leiterin. „Die Schultermine mit Sally Perel sind bereits ausgebucht.“

Auch Grundschüler stellen sich dem Thema Not und Verfolgung. Sie sehen den viertelstündigen Animationsfilm „Chika, die Hündin im Ghetto“. Und das große Charisma des kleinen, alten Mannes Sally Perel wirkt wohl vor Zuhörern jeden Alters. Seine von Agnieszka Holland verfilmte Jugendgeschichte „Hitlerjunge Salomon“ markiert am Mittwoch, 13. März, traditionell den Auftakt des Filmfestivals in der Lichtburg.

Ferdinand Marian als „Jud Süß“ in dem gleichnamigen antisemitischen Hetzfilm von Veit Harlan: In der Schluss-Szene wird der einstige württembergische Hof-Finanzier zur Hinrichtung geführt.
Ferdinand Marian als „Jud Süß“ in dem gleichnamigen antisemitischen Hetzfilm von Veit Harlan: In der Schluss-Szene wird der einstige württembergische Hof-Finanzier zur Hinrichtung geführt.

Beim ersten Festival hatte sich Sally Perel „Hitlerjunge Quex“ gewünscht, jenen frühen Propagandafilm, mit dem die Nationalsozialisten junge Kommunisten auf ihre Seite ziehen wollten – und der auch den 16-jährigen Sally alias „Josef“ fast verführt hätte. Am Donnerstag, 15. März, um 19 Uhr folgt nun das wohl ruchloseste Werk antisemitischer Propaganda.

Regisseur aus Perusch-Gemeinde

Veit Harlans „Jud Süß“ machte aus der historischen Figur des Joseph Süß Oppenheimer (1698 bis 1738) einen Ausbeuter des württembergischen Volkes. Tatsächlich musste der herzogliche Finanzier mit seiner Hinrichtung für den maßlosen Protz am Hof Karl Alexanders büßen. Zu sehen ist „Jud Süß“ während eines dreistündigen Filmseminars, das die Manipulationen Veit Harlans aufschlüsselt.

Am Freitag, 16. März, um 17 Uhr singt der Chor „Rhina“ der liberalen jüdischen Gemeinde „Perusch“ für Sally Perel und alle angemeldeten Gäste. Gesa Reisz ist sich sicher, dass der Ehrengast am Friedensplatz nach der Schabbatfeier begeistert mitsingen wird.

Kein Kino, sondern „Kunst!" mit Ausrufezeichen präsentieren Katja Heinrich und Tobias Sykora ebenfalls am Freitag um 20 Uhr in der Lichtburg. Mit Melodien von Hindemith bis Benjamin Britten geleiten die Schauspielerin und der Cellist durch die Moderne und wollen die Frage beantworten, was Kunst sein kann.

Wiedersehen zwischen Trümmern: Lucas Reiber und Rick Okonl in  „Die Unsichtbaren“.
Wiedersehen zwischen Trümmern: Lucas Reiber und Rick Okonl in „Die Unsichtbaren“.

Ein preisgekröntes Regie-Talent aus der Perusch-Gemeinde präsentiert am Samstag, 17.30 Uhr in der Lichtburg „Durch den Vorhang“. Arkadij Khaets Kurzfilm erzählt von einem Schüleraustausch in Israel – und von einer Begegnung der Generationen. Als Hauptfilm folgt „Die Unsichtbaren“: Das aktuelle Doku-Drama von Claus Räfle erzählt von jenen Berliner Juden, denen es dank mutiger Helfer gelingt unterzutauchen und in der Hauptstadt des Dritten Reiches zu überleben.

In der Uniform des Feindes

Den sicher bewegenden Abschluss des Festivals markiert am Sonntag, 18. März, um 10.30 Uhr die Begegnung von Sally Perel und Randi Crott, der WDR-Journalistin und Tochter eines jüdischen Vaters, der ebenfalls „in der Uniform des Feindes“ unentdeckt geblieben war: Als Wehrmachtssoldat im besetzten Norwegen lernte Helmut Crott 1942 seine zukünftige Frau Lillian Berthung kennen. Davon erzählen Randi Crott und ihre Mutter in dem Bestseller „Erzähl es niemandem!“. Die Lichtburg zeigt die Filmversion dieser dramatischen Biographie. Anschließend moderiert Clemens Heinrichs, der Leiter der Gedenkhalle, das Gespräch von Randi Crott und Sally Perel.

>>> FILMSEMINAR UND LIEDERABEND NUR MIT ANMELDUNG

So günstig ist Kino selten – und dazu gibt’s noch Moderationen und Gespräche: Für alle Termine des Sally Perel Filmfestivals kosten die Eintrittskarten in der Lichtburg nur 5 Euro.

Für zwei Termine ist eine namentliche Anmeldung per E-Mail notwendig: Dies gilt für das dreistündige Filmseminar zu Veit Harlans „Jud Süß“ mit Referent Kurt Langer. Anmeldung an vhs@ oberhausen.de.

Wegen des begrenzten Platzes im Saal am Friedensplatz bittet auch Perusch um Anmeldung zum Liederabend an desbina.
kallinikidou@oberhausen.de