Andreas Loos lädt zum Politischen Nachtgebet. Im Interview spricht der Pfarrer über Kirche, Politik – und darüber, was das Ganze miteinander zu tun hat.
Am 25. November lädt der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (KDA) des Ev. Kirchenkreises Oberhausen zum 6. Politischen Nachtgebet in der Ev. Lutherkirche, Lipperheidstraße 55. Mit Berufsschulpfarrer Andreas Loos (46) spricht Redakteurin Rusen Tayfur über die Kirche und ihre sozialpolitische Verantwortung.
Wie habe ich mir ein politisches Gebet vorzustellen?
Loos: Das ist eine Mischung aus Gottesdienst und gesellschaftspolitischer Information. Es gibt liturgische Elemente, Informationen, Meinung und Diskussion. Wir haben auch einen Trommler dabei, denn wir wollen mit unseren Themen aufrütteln.
Was sind das für Themen?
Gesellschafts- und sozialpolitische Themen, wir machen keine Parteienpolitik. Es geht um Kleidung, die unter fairen Bedingungen hergestellt wurde. Um Mindestlöhne, um Armut, um die Tafeln, um illegale Flüchtlinge.
Was hat Politik in der Kirche zu suchen?
Wir haben von der biblischen Botschaft den Auftrag, uns für die Armen und Unterdrückten einzusetzen. Es gibt Stellen, an denen man das nachlesen kann, wie bei Matthäus 25, Verse 35-40: „Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen und ihr seid zu mir gekommen. (...) Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Geschwistern, das habt ihr mir getan.” Es ist Auftrag der Kirche, nicht nur für Wohltätigkeit und Barmherzigkeit da zu sein, sondern sich auch einzusetzen für Gerechtigkeit. Wenn die Kirche ihren sozialpolitischen Auftrag nicht sieht, macht sie sich selbst überflüssig.
Sie arbeiten mit den Gewerkschaften zusammen. Wo ist die Schnittmenge?
Früher gab es eine Richtungsfeindschaft. Wenn man in der Gewerkschaft war, war man nicht in der Kirche. Doch man merkt immer mehr, dass es gemeinsame Schnittmengen im Einsatz für die Menschen in unserem Lande gibt.
Kommen zum politischen Nachtgebet andere Menschen in die Kirche?
Auf jeden Fall. Das sind Leute, die genau das von der Kirche erwarten. Menschen, die sagen, ich bin aktiv, ich möchte mich dafür einsetzen, dass die Armen nicht immer ärmer und die Reichen nicht immer reicher werden. Das ist auch eine Chance, dass Menschen, die sonst der Kirche den Rücken gekehrt haben, sich vielleicht wiederfinden. Dass sie sagen, ach, die Kirche hat ja doch noch was zu sagen.
Ist Kirche denn zu wenig politisch?
Es ist ein Rückgang zu spüren aufgrund der Finanzen. Solche Bereiche werden immer mehr ausgedünnt. Es gibt die Tendenz, zu sagen, die Kirche soll sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, alles andere können wir uns nicht leisten. Die Finanzdiskussion hat meiner Meinung nach die inhaltliche Diskussion viel zu sehr an den Rand gedrängt.
Was erhoffen Sie, mit den politischen Nachtgebeten bewirken zu können?
Dass Menschen informiert und durch die Betroffenen aufgerüttelt werden. Bei uns kommen immer Betroffene zu Wort. Viele wissen ja gar nicht, wie es Leiharbeitern geht. Durch die Informationen hoffen wir, die Menschen zum Handeln zu bewegen. Es ist das Prinzip Hoffnung. Ich wundere mich manchmal, warum die Menschen nicht aufwachen. Was hindert sie daran, aufzustehen gegen soziale Ungerechtigkeit?