Oberhasuen. . Die Städte im Komitee pflegen die Gedenkstätten in Lettland und arbeiten als Forschungsverbund. Oberhausens Beitrag stiftete Andrea-Cora Walther.

Die Hauptstadt Lettlands kennt man als bildschön restaurierte Hansestadt, als Touristenmagnet dank ihrer prächtigen Jugendstilbauten, die ganze Straßenzüge füllen. Doch das Riga-Komitee, dem auch Oberhausen jetzt beitritt, widmet sich nicht den Architektur-Denkmälern, sondern den Gedenkstätten vor der 700 000-Einwohner-Stadt.

„Wem ist hierzulande schon bekannt“, fragte der Münsteraner Grünen-Politiker Winfried Nachtwei zum zehnjährigen Bestehen des Riga-Komitees, „dass mit den Riga-Deportationen die Massenvernichtung der jüdischen Menschen aus Deutschland begann?“ Auch Clemens Heinrichs sagt: „Sonst gibt es die Dominanz von Auschwitz.“ Dabei gilt das Ghetto von Riga den Historikern als „Auschwitz der westfälischen Juden“.

Idyllisch wirkende Birkenwälder

Der Leiter der Gedenkhalle sieht in Oberhausens Beitritt zum 2000 gegründeten Riga-Komitee denn auch „zuerst die politische Bedeutung“. 28 jüdische Oberhausener sind nach den bisherigen Recherchen Clemens Heinrichs’ nach Riga verschleppt worden – weniger als nach Litzmannstadt (dem heutigen Łódź) in Polen, Theresienstadt in Tschechien und nach Auschwitz.

In Riga waren die Orte der Vernichtung heute idyllisch wirkende Birkenwälder vor der Stadt. Am 30. November 1941 und an zwei weiteren Tagen wurden im Wald von Rumbula von SS-Mordkommandos 24000 jüdische Bürger Rigas erschossen. Am selben Tag traf der erste Transport aus Deutschland im menschenleeren Ghetto am Rande der Innenstadt ein. Bis zum 10. Februar 1942 wurden mit 20 Zügen 20120 Deutsche nach Riga verschleppt.

Die Gedenkstätte von Rumbula am Rande von Riga: Hier starben die jüdischen Bürger der Stadt, durch deren 24 000fachen Tod das Ghetto von SS-Mordkommandos „geräumt“ wurde für die Ankunft der deportierten Deutschen.
Die Gedenkstätte von Rumbula am Rande von Riga: Hier starben die jüdischen Bürger der Stadt, durch deren 24 000fachen Tod das Ghetto von SS-Mordkommandos „geräumt“ wurde für die Ankunft der deportierten Deutschen.

Diese „Reichsjuden“, so der NS-Jargon, starben während der Zwangsarbeit, an Erfrierungen, Krankheiten und Unterernährung und durch die Massenerschießungen im Wald von Bikernieki (Hochwald) – heute die zweite große Gedenkstätte in Riga. Das Morden dauerte an, bis die Rote Armee im Oktober 1944 Riga erreichte.

In ihrem Buch „Abgemeldet nach ,unbekannt’ 1942“, das 2013 im Klartext-Verlag erschien, schreiben Georg Möllers und Jürgen Pohl vom „Dauerkonflikt, den die SS mit den zivilen und Wehrmachtsstellen hinsichtlich der Endlösung führte“: Die Armee wollte Arbeitssklaven ausbeuten; doch der Kommandeur der Sicherheitspolizei, Dr. Rudolf Lange, setzte immer wieder Erschießungen durch. In die Wälder entkamen nur wenige Überlebende.

Unterstützt vom Zentralrat der Juden in Deutschland hatte der Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge mit der Stadt Riga die fast 60 Jahre sich selbst überlassenen unmarkierten Gräber von 25000 Ermordeten zu einer würdigen Gedenkstätte umgestaltet. Das Riga-Komitee war 2000 auch mit diesem Ziel gegründet worden.

Am 30. November 2001 wurde die Gedenkstätte Bikernieki eingeweiht. 5000 grob behauene Granitsteine umstehen eng ein Mahnmal aus schwarzem Marmor. Jede dem Komitee beigetretene Stadt ist mit einer Tafel benannt. Oberhausens Beitrag von 2000 Euro für die Arbeit des Komitees und die Pflege der Gedenkorte stiftete die Stadtverordnete Andrea-Cora Walther.

Zweibändiges „Buch der Erinnerung“

Zudem arbeitet das Komitee wie ein Forschungsverbund: Man pflegt den Informationsaustausch bei Symposien. Ein 1000 Seiten umfassendes, zweibändiges „Buch der Erinnerung“ ist bereits erschienen. Herausgeberin Dr. Dina Schulle nennt es „eine wichtige Ausgangsbasis für weiterführende Arbeiten im lokalen und regionalen Raum“. Auch Clemens Heinrichs will im Sommer bei einem privaten Besuch in Riga „Dokumente vor Ort einsehen“. Der Leiter der Gedenkhalle: „Ich erhoffe mir dann neue Informationen.“

Der Ratsbeschluss, dem Riga-Komitee beizutreten, stammt aus dem Juli des Vorjahres. Voraussichtlich im Juni dieses Jahres wird bei einem offiziellen Termin Oberbürgermeister Daniel Schranz die Mitgliedsurkunde erhalten, überreicht von Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher. Ein offizieller Besuch von Stadtrepräsentanten bei den Gedenkstätten in Riga ist noch nicht vorgesehen.

<<<< >>>>Düsseldorf und Dortmund gehören dazu>>>>

In der Region zählten Düsseldorf und Dortmund im Mai 2000 zu den Mitbegründern des Riga-Komitees. Gelsenkirchen und Bochum waren 2007 beigetreten, Recklinghausen 2009.

Online informieren die Seiten des Volksbundes unter volksbund.de/partner/deutsches-riga-komitee