Oberhausen. . Erst Energieanlagenelektroniker, dann ein soziales Studium und die Arbeit mit schwer erziehbaren Jugendlichen. Jetzt leitet Ertunc Deniz das Jugendamt.

Seit diesem Monat ist Ertunc Deniz der Chef von rund 450 Mitarbeitern in der Oberhausener Stadtverwaltung, in den Regionalteams des Allgemeinen Sozialen Dienstes und in den 19 städtischen Kitas. Der 37-Jährige ist der neue Leiter des Jugendamtes und verwaltet damit einen Etat von rund 149 Millionen Euro im Jahr.

Die neue Leitung markiert auch die Rückkehr zu einer alten Organisationsform: 2015 fusionierten die Bereiche Schule und Jugendhilfe in Folge des Consens-Gutachtens zu einer Einheit mit einer Leitung. Das erwies sich zwar inhaltlich als sinnvoll, aber als organisatorisch zu groß für eine Leitung – zumal, wenn die „personellen Ressourcen fehlen“, wie Elke Münich, die Beigeordnete für Familie, Bildung, Soziales, erklärt.

Ruhrgebiets-Biografie

Nun ist also Ertunc Deniz verantwortlich für die Arbeit, die seine Kollegen in den Bereichen Erzieherische Hilfen, Erziehungsberatung, Jugendförderung (Jugendzentren, Mobile Jugendarbeit, Spielplätze), Planung/Steuerung/Controlling, Amtsvormundschaften und Kindertageseinrichtungen leisten. „Ich mache Jugendamtsarbeit aus Leidenschaft“, sagt Deniz, der bereit ist, viel Kraft zu investieren in seine neue Aufgabe.

Ertunc Deniz kommt nicht aus Oberhausen, aber er hat eine waschechte Ruhrgebiets-Biografie, er weiß, wie diese Region tickt, er schätzt ihre Vielfältigkeit, kennt aber auch die Probleme, die der Strukturwandel mit sich gebracht hat, und die Schwierigkeiten, die mit Migration verbunden sind. Deniz ist in Witten geboren und aufgewachsen, mit 21 Jahren nach Wetter umgezogen, seit 2012 lebt er in Dortmund, seine Frau, mit der er drei Kinder im Alter von sechs, vier und knapp zwei Jahren hat, ist gebürtige Duisburgerin.

Masterstudiengang Sozialmanagement

Dass Deniz bloß ein Sozialmanager ist, der die Arbeit an der Basis nicht kennt, kann ihm keiner vorwerfen. Nach der Realschule machte er eine Ausbildung zum Energieanlagenelektroniker, „das war so typisch, aber ich merkte schnell, dass ich das nicht bis zum Rentenalter machen wollte“, sagt Deniz. Wenn Hochschule, dann studierten Einwanderer oder ihre Kinder häufig was Ordentliches, Ingenieurwesen oder Medizin halt, „ich wollte etwas Exotisches probieren“, sagt Deniz. Er holte also das Abitur nach, studierte an der Universität Essen Sozialarbeit/Sozialpädagogik und arbeitete damals schon in einer Jugendschutzstelle. Er war für die Evangelische Jugendhilfe in Ennepetal tätig, betreute dort schwer erziehbare Jugendliche, um nur eine weitere Station zu nennen. Berufsbegleitend belegte Ertunc Deniz den Masterstudiengang „Sozialmanagement“ an der Hochschule Niederrhein.

Im sauerländischen Hemer bekam er eine Stelle in der Stadtverwaltung und leitete die Abteilung Erziehungshilfe bevor Deniz dort schließlich Chef des Fachbereichs Familie, Jugend, Senioren und Soziales wurde. Außerdem leitete er dort das Flüchtlingsmanagement.

Womit er im Vorstellungsgespräch für die hiesige Position überzeugt hat? Da hält sich Deniz selbst zurück, seine Vorgesetzte Elke Münich zitiert ihn mit dem Satz „Hilfen zur Erziehung, das ist mein Baby“. Das sei gut angekommen, dass die Vokabeln „schwierig“ oder „belastend“ bei ihm keine Rolle spielten. Denn einfach sind die Zeiten nicht: So steht die Jugendhilfe in Oberhausen beziehungsweise das Dezernat aktuell wegen explodierender Kosten in der Kritik. „Kinderschutz zum Nulltarif gibt es nicht“, sagt Deniz, „wir haben einen gesetzlichen Auftrag“. Aber die Kosten müssten auf den Prüfstand, die Hilfen analysiert und passgenau entwickelt werden.

>> KOSTEN STEUERN

Die Kosten in der Jugendhilfe zu steuern und genau zu analysieren, dabei aber kein Kind im Stich zu lassen: Dafür seien jetzt die Rahmenbedingungen geschaffen, sagt Deniz. Damit meint er auch die Aufstockung von Stellen in den Regionalteams und die Besetzung anderer vakanter Stellen im Fachbereich Jugend, Familie, Bildung.

Der Jugendamtsleiter will effizient mit Steuergeldern umgehen. Dazu gehöre auch, sich Preise anzuschauen, ein Überangebot an Hilfen zu reduzieren und Prävention auszubauen.