oberhausen. . Die große Fotoausstellung in der Ludwiggalerie feiert den Glanz des Jet Set. Die 200 Fotografien stammen aus der Sammlung von Nina Erni.

Von der Jet-Set-Fotografie lebt der bunteste Hain des Blätterwaldes seit einem halben Jahrhundert. Aber auf die Frage „Gibt es eine Fotosammlung zum Jet Set?“ erhielt Nina Erni keine Antwort – jedenfalls keine zustimmende. Die Lücke hat die Sammlerin aus der Schweiz während der letzten zwölf Jahre gefüllt. Eine kleine Auswahl – 200 von fast 2000 Prints – zeigt nun bis zum 27. Mai die Ludwiggalerie unter dem knalligen Titel „Shoot! Shoot! Shoot!“

Ambiente: Oberhausener gaben Möbel und Wohnaccessoires als Leihgaben.
Ambiente: Oberhausener gaben Möbel und Wohnaccessoires als Leihgaben. © Gerd Wallhorn

Schließlich vereint diese Sammlung aus der Bilderwelt der Schönen, der Reichen und der Künstler „high and low“, wie Ernis Kuratorin Ira Stehmann sagt: Paparazzi-Schnappschüsse reihen sich ein zwischen ausgeklügelte Studio-Arrangements und der New Yorker Straßenfotografie einer Diane Arbus und eines Garry Winogrand, dessen schöne Alltagsgesichter skeptisch auf eines der größten – und wenigen farbigen – Formate dieser Schau blicken. Es zeigt Twiggy in einem vielfarbigen Paillettenbolero mit dem Gesichtchen eines gelangweilten Kindes.

Müde Mienen nach Dauerpartys

Fotosessions und Dauerpartys haben dies gemeinsam: Sie zeitigen oft genug müde Gesichter. Andy Warhols „Silver Factory“, die sich als dionysisches Nonstop-Ereignis inszenierte und die anstrengende Kunst-Produktion dieser „Fabrik“ möglichst nicht ins Bild setzte, ist das Entree dieser Ausstellung. Eine Vitrine zeigt die kleinen Polaroid-Alben des Pop-Artisten. Dahinter das größte Format dieser erlesenen Bilderschau: Richard Avedon fotografierte Andys Narben, die das Attentat von Valerie Solanas ihm zugefügt hatte. Es wäre fast das Ende der Factory-Party gewesen.

Warhol nannte den hedonistischen Geist und die ungeheure Energie der 1960er gar nicht kritisch eine „social disease“ – und die Ausstellung fühlt den überwiegend inspirierten „Kranken“ in Aufnahmen von 46 Künstlern den Puls.

In Türkis und Violett zeigen sich die Räume der Mode-Fotografie, davor eine Auswahl zeitgenössischer Kameras der 1960er und ‘70er.
In Türkis und Violett zeigen sich die Räume der Mode-Fotografie, davor eine Auswahl zeitgenössischer Kameras der 1960er und ‘70er. © Gerd Wallhorn

„Der Jet Set suchte den Anschluss an die kulturelle Elite“, sagt Kuratorin Stehmann. Exakt darauf konzentrieren sich die acht Kapitel dieser Schau. Sie zeigt eindeutig mehr Künstler als „Adabeis“, wie Baby Schimmerlos sagen würde. Und Münchens Schickeria spielt – bis auf eine zwölffache Uschi Obermaier – neben New York, London, Paris und Rom nur eine ganz kleine Nebenrolle in der Geografie dieses besonders elitären Jet Set.

Die Stones im Cote d’Azur-Exil

Größere und kleine Verhältnisse sorgen für amüsante Zerrspiegeleien: So sieht man „Tiger“ Tom Jones in einem weißen Fellmantel vor seinem Rolls Royce. Und der parkt in der bescheidenen Reihenhaus-Siedlung seines walisischen Heimatstädtchens Pontypridd. Im Rahmen darüber posiert Rod „The Mod“ Stewart im Leopardenfell-Anzug, an seiner Seite eine passend gepunktete Appaloosa-Stute mit Fohlen. Stil ist eben fast alles.

Den Rolling Stones in ihrem Steuer-„Exile on Main Street“ an der Cote d’Azur kommt sogar eine größere Fotostrecke zu. Der schon als Twentysomething stets übernächtigt aus seinen Stoppeln starrende Keith Richards macht sich eben besonders gut in den herrschaftlichen Kulissen der Villa Nelcote. Die sieben Jahre ältere Kissenschlacht-Serie der Beatles in einem Pariser Grand Hotel zeigt dagegen: Jet-Set-Lifestyle mussten die Liverpooler damals noch üben.

>>>>>>> „Drei Schüsse“ vom 21. Januar bis 27. Mai

Geöffnet ist die Ausstellung „Shoot! Shoot! Shoot!“ vom 21. Januar bis zum 27. Mai in der Ludwiggalerie. Der Eintritt kostet 8 Euro, ermäßigt 4 Euro, für Familien 12 Euro. Das 16-seitige Booklet gibt’s für 4 Euro. Der in München erschienene Katalog-Band ist leider bereits vergriffen. Von den 200 Fotografien sind ein Fünftel „vintage prints“, also Abzüge von Künstlerhand. Kuratorin Ira Stehmann betont aber: „Posthume Prints kaufen wir nur autorisiert.“