Oberhausen. . Eine 85-jährige Oberhausenerin wurde offenbar Opfer einer dreisten Betrügerin und sitzt auf der Straße. Ein Taxifahrer hat sich ihrer angenommen.
Ina K. ist mit ihren 85 Jahren zur Nomadin geworden. Gerade hat sie innerhalb von zwei Wochen ihr sechstes Hotelzimmer bezogen, erzählt Taxifahrer Sezgin Onur. Erst hat er die alte Dame, die ihren vollständigen Namen aus Angst lieber nicht nennen möchte, immer nur gefahren. Bis sie eines Tages weinend und voller blauer Flecken in sein Taxi stieg, wie er sagt. Da klagte die 85-Jährige ihm ihr Leid. Eine Frau (66), die sie für ihre Freundin gehalten hatte und in deren Haus sie lebte, hatte sie verprügelt. Als Onur die komplette Geschichte erfuhr, schwante ihm Böses. Er sollte Recht behalten.
Die Seniorin erzählte dem Taxifahrer während der Fahrt auch von den Vollmachten, die sie ihrer Bekannten eingeräumt hatte. Unter anderem eine Bankvollmacht. Onur: „Ich habe zu Frau K. gesagt, jetzt fahren wir erst mal zur Bank.“ Dort stellte Ina K. fest: „Meine Bekannte hatte jede Woche 10.000 Euro von meinem Konto auf ein anderes Konto überwiesen.“ Onur: „Die letzten Überweisungen von zwei Mal 25.000 Euro konnten wir noch einfrieren lassen.“
Die Freundin veränderte sich nach dem Umzug
Das Geld, alles in allem 142.000 Euro, stammte aus einem Hausverkauf. „Meine Bekannte hatte mir vorgeschlagen, mein Haus in Osterfeld zu verkaufen und zu ihr an die Stöckmannstraße zu ziehen“, erzählt die 85-Jährige. Dort habe sie in einem Anbau des Hauses ihrer vermeintlichen Freundin wohnen können.
„Nachdem ich dort eingezogen war, wurde sie sehr dominant“, erzählt die 85-Jährige. Als sie die 66-Jährige das letzte Mal gesehen habe, sei sie von ihr geschlagen und getreten worden.“ Deshalb fuhr die Seniorin mit einem Taxi zu einer anderen Bekannten. Weil sie dort nicht länger bleiben konnte, rief sie am nächsten Tag wieder ein Taxi, um sich in ein Hotel bringen zu lassen. Diesmal saß Sezgin Onur am Steuer.
Schmuck und teures Porzellan sind auch verschwunden
Angefangen hatte die schlimme Geschichte ganz harmlos. Ina K. hatte eine Anzeige aufgegeben, in der sie eine Freundin für Theater- oder Kinobesuche suchte. Die 66-Jährige meldete sich. Beide Frauen trafen sich in einem Café in Oberhausen. Sie unternahmen gemeinsam etwas.
Schließlich schlug die ehemalige Altenpflegerin der älteren Freundin vor, ihr Haus zu verkaufen und zu ihr zu ziehen. „Sie hat mir bei der Haushaltsauflösung geholfen“, erzählt Ina K. In der nächsten Zeit habe sie ihr Auto überschrieben. Sammlungen von Silberkannen, goldenen Uhren und Meißner Porzellan seien verschwunden. Vom einstigen Vermögen blieb Ina K. nicht mehr viel. „Aber sie hat eine gute Rente“, sagt Onur.
Jetzt kann Ina K. Wohnungen besichtigen
Umso mehr bedauert er, dass niemand der alten Dame eine Wohnung vermieten möchte. Dabei möchte die Frau nichts lieber, als ein eigenes Zuhause. Sie ist verzweifelt. Onur erklärt: „Vor Weihnachten sind die Hotels alle ausgebucht, deshalb muss sie ständig umziehen.“ Außerdem ist das Leben im Hotel natürlich teuer. Onur zu der Odyssee: „Es ist traurig, was ich in den vergangenen zwei Wochen erlebt habe, es gibt keine Achtung mehr vor älteren Menschen.“
Doch dann bietet die Gewo (Gemeinnütziger Wohnungsbau) auf Anfrage am Dienstag spontan Hilfe an. „Wir haben Wohnungen, die wir mit Frau K. gerne heute besichtigen würden.“ Alternativ stünde für den Übergang auch eine möblierte Ferienwohnung zur Verfügung. Gleich am Mittwochmorgen (20. Dezember) wird Ina K. Wohnungen anschauen. Vielleicht ist sie Weihnachten schon wieder in den eigenen vier Wänden. Um ihre rechtliche Vertretung kümmert sich derweil Rechtsanwalt Mustafa Kocaoglu, der auch die Bankvollmacht widerrufen hat.
85-Jährige hat Anzeige erstattet
Die Polizei bestätigt, dass Ina K. Anzeige erstattet hat. „Das ist kein typischer Betrugsfall“, erklärt Kommissar Ralf Simon. Zu dem Fall und den laufenden Ermittlungen darf er nichts sagen. Grundsätzlich komme es im Pflegebereich immer mal wieder vor, dass jemand mehr Geld abhebt, als ihm aufgetragen wurde.
„Diese Geschichten sind aber schwierig zu klären, wenn der Auftraggeber an einer beginnenden Demenz leidet“, sagt Simon allgemein.