Oberhausen. . Nach zehn Jahren hat der Emmaus-Jugendchor erneut Charles Dickens gespielt. „Eine Weihnachtsgeschichte“ über einen eiskalten Geschäftsmann.
„Man muss sich ja ständig die Frage stellen: ,Was wird aus meinem Leben?’“, sagte ein Zuschauer am Samstagabend nach der Aufführung des Musicals „Eine Weihnachtsgeschichte“ in der gut besetzten Pauluskirche an der Duisburger Straße. Mit stehenden Ovationen hatten die Zuschauer den Jugendchor der Evangelischen Emmaus-Kirchengemeinde am Ende bedacht. Denn der hatte ihnen zwei Stunden lang die schmerzliche Bekehrung des furchtbaren Mr. Scrooge zu einem anständigen Menschen vorgeführt - nach der gleichnamigen Erzählung von Charles Dickens.
Ein halbes Jahr lang hatten die 17 Darsteller jede Woche mit Jugendleiterin Daniela Heimlich und Kirchenmusiker Roland Schwark an der Aufführung geprobt. Jeden Monat stand außerdem ein ganzes Wochenende zum Einstudieren des komplizierten Stoffs an.
Die Darsteller schienen das allerdings nicht als Belastung empfunden zu haben. „Es hat riesig Spaß gemacht“, erklärte Martin Pfohl (25), der älteste der Darsteller. Er spielte den Mr. Marley, den verstorbenen früheren Geschäftspartner von Mr. Scrooge. Genau vor zehn Jahren stand er mit dem gleichen Stück auf der Bühne der Emmaus-Gemeinde. Schon damals hatten Daniela Heimlich und Roland Schwark es mit dem Jugendchor einstudiert.
Die letzte Rolle im Laien-Ensemble
Martin Pfohl spielte seinerzeit den Mr. Cratchit, den mies behandelten Angestellten von Mr. Scrooge. Für Pfohl wird es die letzte Rolle im Laien-Ensemble der Gemeinde gewesen sein. Er steht vor dem Ende seines Studiums, will Lehrer werden. „Meine Zeit gibt es einfach nicht mehr her. Deshalb gehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge.“
„Wenn es einmal im Terminkalender steht, gehört es zum Leben dazu“, sagte Hauptdarstellerin Muriel E. Schlenkhoff (17). Sie musste nicht nur in eine Männerrolle schlüpfen, in die von Mr. Scrooge, sondern in eine üble obendrein. Denn Scrooge gilt als gefühlskalt, habgierig, als ein Mann, den niemand ausstehen kann, der aber ein beträchtliches Vermögen mit seinen Geschäften angehäuft hat. „Ich hab’ das als Herausforderung gesehen“, erzählte die Studentin, die früher auf dem Elsa-Brändström-Gymnasium war. „Die Rolle entspricht überhaupt nicht meinem Charakter.“ Darin stimmte sie mit Martin Pfohl überein: Die Schauspielerei ermögliche es, aus sich herauszugehen, sich auszuprobieren. Die 17-Jährige hat schon in etlichen Theater-AGs mitgewirkt. Beruflich geht sie nicht in diese Richtung, studiert BWL.
Gekonntes Liebes-Terzett
Von Nervosität war beim Auftritt am Samstag nichts zu bemerken. „Vor meinem ersten Auftritt war ich zwar nervös, aber danach ging es“, gestand Gesa Pautzke (16). Die Schülerin fungierte als Erzähler der Geschichte, schlüpfte zwischendurch noch in eine Nebenrolle. Insgesamt waren über 30 verschiedene Rollen zu besetzen.
Wie es sich für ein Musical gehört, wurde abwechselnd gesprochen und gesungen. Dabei war zwar nicht jede Gesangsstimme brillant, wohl aber zum Beispiel die von Muriel Schlenkhoff, Lisa Bremer und Franziska Angenendt beim Liebes-Terzett im Anschluss an den Besuch eines Jahrzehnte zurückliegenden Weihnachtsfestes in der Kindheit von Mr. Scrooge.
Denn Scrooge erscheinen just vor Weihnachten im Traum nicht nur sein verstorbener Kompagnon Marley als Geist, sondern noch zwei weitere Geister, die ihm sein egoistisches Leben und dessen Folgen für andere als Spiegel vorhalten und ihn so zur Umkehr bringen. „Sehr schön gespielt, mit viel Liebe gemacht“, freute sich Zuschauerin Kirsten Wirth.
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Charles Dickens’ „Eine Weihnachtsgeschichte“ wurde 1843 erstmals veröffentlicht. Die Erzählung gilt als heftige Kritik an den Zuständen im Manchester-Kapitalismus, von dem England seinerzeit heimgesucht wurde. Für die musikalische Umsetzung als Musical sorgte am Samstag ein Quartett aus Roland Schwark (Cello), Alessio Nocita (Keyboards), Sophie Limpert (Querflöte) und Matthias Samse (Schlagzeug).
Für Kirchenmusiker Roland Schwark war es das letzte Engagement in der Oberhausener Emmaus-Kirchengemeinde. Er ist schon im Sommer nach Meerbusch gewechselt.