Oberhausen. . Fünf Wochen dauert die erste Renovierung seit dem Einzug der Kurzfilmtage. Details erinnern an Prachtentfaltung in der einstigen Direktorenvilla.
Wenn nur der klobige Drucker nicht im Treppenhaus stünde – stattdessen vielleicht ein repräsentatives Designermöbel von jetzt oder einst. Denn Andreas von Scheven kann aus dem linealkurzen Fragment eines historischen Frieses beschreibend ein hochherrschaftliches Ambiente entstehen lassen: Man denke sich auf dem Putz einen hoch aufragenden Goldrahmen, so der städtische Denkmalpfleger. „Es war ausgesprochen prächtig hier drinnen.“
Die Gründerzeitpracht des Hauses Grillostraße 34, seit 22 Jahren Sitz der Internationalen Kurzfilmtage, zeigt sich seit einigen Tagen sichtlich aufgefrischt. Die Maler waren im Haus und auf Gerüsten vorm Haus – für die erste umfassendere Renovierung seit dem Einzug des Festival-Teams. „Der Lack war ab“, sagt Sabine Niewalda, die Kufita-Pressesprecherin. „Der Zeitpunkt war genau abgepasst“, meint Andreas von Scheven, „dass es noch nicht kritisch wurde“.
Ehre für die Handwerker
Die städtische Denkmalpflege habe einen ganz kurzen Draht zur OGM, die das alte Haus in Schuss hält. „Der Winter hätte kritisch werden können.“ So wie’s der Denkmalpfleger beschreibt, war’s ein Ehre für die Handwerker, sich ein „so tolles Objekt“ vorzunehmen: „Die Qualität der Türen und Fenster ist vorbildlich.“ Fünf Wochen hat die Auffrischung innen und außen gedauert.
Entworfen wurde das stolze Gebäude vor 120 Jahren von der Bauabteilung der Zeche Concordia. Schließlich sollte die Villa der Wohnsitz ihrer Direktoren sein – und es für ein halbes Jahrhundert auch bleiben.
Der heutige Königshütter Park war der private Garten. Eine Postkarte aus den 1910er Jahren zeigt ein ornamentales Barockgärtlein vor dem Hauptportal mit gestutzten Bäumen. Entfernter vom Haupthaus standen ein Gartenhaus im altdeutschen Stil sowie ein langgestrecktes Gewächshaus und ein Hühnerstall.
„Heute haben wir Bienen!“ Sabine Niewalda führt ins Dachgeschoss mit der halbrunden Metall- und Glaskuppel. Sie entspricht natürlich nicht mehr den Erkern, Giebeln und Gauben des Original-Daches, einst inspiriert von französischen Landsitzen. Es war im Zweiten Weltkrieg zerstört und in den ersten Nachkriegs-Jahrzehnten durch ein Flachdach ersetzt worden. Rekonstruktion oder neue Gestaltung? „Darum gab es harte Kämpfe“, erinnert sich Andreas von Scheven.
Für eine Familie plus Dienstboten
1952 hatte die Stadt die Villa gekauft – nachdem die Concordia Bergbau ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert hatte. Zunächst war’s das Domizil der Stadtbibliothek – und das Kurzfilmtage-Team nutzt gerne den damals eingebauten Lastenaufzug vom Keller ins Parterre. Als die Bücherei 1985 ins Bert-Brecht-Haus umzog, wurde es höchste Zeit für eine umfassende Sanierung. Damals wurden auch die floralen Flur-Friese im wilhelminischen Schick wieder freigelegt.
Den Zuschnitt der Räume sieht der Denkmalpfleger noch „nah am Original“ des einstigen Wohnhauses für eine Familie plus Dienstboten. Er schwört auf die erstklassige Bausubstanz im alten Alt-Oberhausen: „Wir haben die besten Fundamente“ – gerade weil hier der Bergbau umging. Und der Keller, jedenfalls beim Herrn Bergewerksdirektor, war „weder dunkel noch dreckig sondern ein Wirtschaftsgeschoss“. Andreas von Scheven: „Da war Leben und Qualität drin.“
>>>Meuthen-Villa als Name nicht gern gehört
Der Name Kulturvilla stammt aus der Zeit der umfassenden Restaurierung vor 22 Jahren, denn mit der Landesförderung war die Auflage verbunden, das Baudenkmal für kulturelle Zwecke zu nutzen.
Mit dem Kürzel „Kufita“ können die Kurzfilmtage sicher auch gut leben. „Nur Meuthen-Villa hören wir nicht gerne“, sagt Pressesprecherin Sabine Niewalda. Erich Meuthen war im Kriegsjahr 1942 in den Direktoren-Wohnsitz der Concordia Bergbau eingezogen – „ein strammer Parteigenosse“ der NSDAP. Er war der letzte private Bewohner der 1952 an die Stadt verkauften Villa.