Oberhausen. . Das Bistum Essen bietet verschiedene Nähkurse an – auch einen für Dessous. Kreativität ist oft nicht der einzige Grund für die Teilnahme.

  • Im Dessous-Nähkurs des Bistums Essen entstehen BHs und Höschen in Handarbeit
  • Die meisten Teilnehmerinnen hatten es satt, im Geschäft nach passender Wäsche zu suchen
  • Für die komplizierten Modelle aus bis zu 24 Stoffteilen brauchen die Frauen spezielle Werkzeuge

Zwei Brüste für ein Halleluja? Solche Wortspiele kommen in den Sinn, wenn man vom Dessous-Schneiderkurs im Katholischen Stadthaus hört. Doch hier geht es nicht um Fleischeslust, sondern um kreative Freiheit – und auch um die Akzeptanz der eigenen Kurven.

Vor einigen Jahren war die gelernte Friseurin Birgit Schubert es Leid. Stets hatte sie Probleme, die passende Wäsche für ihren Körper zu finden. Ein Problem, dass viele Frauen kennen. Mal sind die Körbchen am BH zu weit, mal ist das Brustband zu eng, mal zwickt das Höschen. Birgit Schubert gab die Suche nach schöner und zugleich gut sitzender Unterwäsche auf und griff selbst zu Nadel und Faden. Heute lernt die 50-Jährige selbst andere Frauen im Schneidern von Dessous an.

Die Teilnehmerinnen können alle mit einer Nähmaschine umgehen.
Die Teilnehmerinnen können alle mit einer Nähmaschine umgehen. © Michael Dahlke

Hauchdünne Spitze, elastische Stoffe und Millimeterarbeit an den Nähmaschinen: Von den insgesamt 55 Nähkursen, die wöchentlich von der Katholischen Erwachsenen- und Familienbildung (KEFB) angeboten werden, gelten die Dessous-Kurse als die schwierigsten. Empfohlen werden sie nur für fortgeschrittene Hobby-Näherinnen.

Es sind schicke Spitzenhöschen, die Birgit Schubert auf dem Tisch im Arbeitsraum verteilt hat: manche mit „Hinterhose“, andere mit String. Keine Liebestöter, keine Reizwäsche, sondern stilvolle Modelle, die man in dieser Art auch in vielen Modegeschäften finden kann. Eifrig begutachten die Teilnehmerinnen die Modelle, drehen und wenden sie, halten sie sich vor den Körper, nehmen am eigenen Körper Maß. Leiterin Birgit Schubert berät bei den Größen. Sie hat die Schnittmuster und Stoffe mitgebracht, die von der Firma „Sewy“ stammen. Bei der Firma aus Weilerswist wurde Birgit Schubert für die Kurse auch selbst ausgebildet.

24 Teile hat eines der komplizierten BH-Modelle. Gar nicht so leicht, dabei den Überblick zu behalten. Bei den Höschen ist es überschaubarer. Dafür müssen einige Begriffe gelernt werden: Neben Hinterhose, Vorderteil und den Seitenteilen aus Spitze wird der Zwickel (ein Stückchen Stoff als Verstärkung im Schritt) benötigt. Und ganz wichtig: eine Zierlitze, ein schönes Gummiband mit Bogenkante, das die elastischen Teile an den Außenkanten zusammenhält und spannt. „Sonst rutscht der Slip vom Po“, erklärt Schubert.

Besondere Werkzeuge benötigt

Andrea Wierich macht sich mit dem Rollcutter auf dem Schneidebrett ans Werk. „Mit einer Schere kann man den Microfaserstoff nicht schneiden“, erklärt die fortgeschrittene Näherin. „Sonst würde er verrutschen.“ Auch Garn und Stecknadeln müssen besonders fein sein, um den Stoff nicht zu beschädigen.

Verschiedene Stoffteile, Garn und Rollcutter liegen bereit.
Verschiedene Stoffteile, Garn und Rollcutter liegen bereit. © Michael Dahlke

Beim Feststecken der Stoffe, die an der Maschine vernäht werden müssen, braucht eine der Frauen noch etwas Hilfe. Die richtige Stelle zu finden, ist komplizierter als gedacht. Aber das sei alles Übungssache, sagt Kursleiterin Schubert: „So ein Höschen ist für mich schneller genäht als gewaschen.“

Die Gruppe arbeitet konzentriert. Irgendwann ist nur noch das Surren der Nähmaschinen zu hören. Birgit Schubert geht beobachtend durch den Raum, gibt kleine Hilfestellungen. Stolz präsentieren die Teilnehmerinnen ihr die ersten Nähte.

Manche kamen aus den gleichen Gründen wie Birgit Schulz zum Dessous-Nähen: Ihnen bietet der Workshop die Möglichkeit, ihre Kurven zu feiern, die vermeintlichen „Problemzonen“ nicht zu verfluchen, sondern mit maßgeschneiderter Wäsche zu umschmeicheln.

Für viele, die in den Einsteigerkursen Feuer fingen, ist der Kurs aber auch die konsequente Fortsetzung des Hobbys – auch unterhalb der Oberfläche. „Früher hab ich immer gesagt: Das habe ich alles selbst genäht – bis auf die Unterwäsche.“ Diesen Zusatz kann Andrea Wierich jetzt weglassen.