Oberhausen. . Adel Tawil, Urvater des gefühligen Deutsch-Pop, lockte 9000 Fans in die Oberhausener Arena. Zuschauerin Ronja war am Ende besonders glücklich.
Am Ende, nach einem über zweistündigen Konzert mit vielen seiner emotionalen Songs, rührte Adel Tawil noch einmal die Herzen der gut 9000 Zuschauer in der Oberhausener Arena: Er warf einem Mädchen namens Ronja in der ersten Reihe sein Schweiß-Handtuch mit live gemaltem Herzchen und Autogramm entgegen – gezeigt auf zwei Bühnen-Leinwänden.
„Sie kann kaum übers Geländer schauen, hat aber alle Lieder exakt mitgesungen. Das hast du toll gemacht.“ Zu diesem Zeitpunkt hat der 39-jährige Sänger ägyptisch-tunesischer Herkunft längst alle Zuhörer im weiten Arena-Oval in seinen Bann gezogen – und bei mehreren Hits als Chor beschäftigt.
Urvater des gefühligen Deutsch-Pop
Tawil kann man mit Xavier Naidoo zu Recht als Urvater des gefühligen, teils pathetischen Deutsch-Pop bezeichnen, der in den letzten Jahren die Radio-Charts überschwappte. Doch während die jungen Newcomer dieser Welle gerne belanglose Selbstbeweinungs-Songs über ihr durchschnittliches Leben trällern, brilliert der 39-jährige Tawil mit tiefgründigen Gedichten zu Liebe, Freundschaft und Politik.
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Ein erster Höhepunkt ist das Lied „Gott steh‘ mir bei“ von seiner im Frühjahr erschienenen zweiten Solo-CD „So schön anders“, in dem er politische Ereignisse wie Terror, Flüchtlinge und Klimawandel verdichtet und sogar als bekennender liberaler Freigeist Gott anfleht. „Wir spüren gerade, dass diese Welt sich einschneidend verändert“, leitet er den Song ein – und erzählt, wie hilflos er als Berliner den Terrorabend auf dem Weihnachtsmarkt vor knapp einem Jahr erlebt hat.
Tawil hat Unfall nur knapp überlebt
Die einst mit Sido gesungene Textzeile „Der Himmel soll warten“ klingt anders, wenn man weiß, dass Tawil einen Swimmingpool-Unfall mit vier gebrochenen Halswirbeln nur knapp überlebte. Und die Zweifel an der großen Liebe wirken aus seinem Munde wahrhaftig („Ist da jemand, der mein Herz versteht?“), weil sich seine jahrelange Herzensdame vor drei Jahren von ihm überraschend scheiden ließ.
Tawil blickt auf eine 20 Jahre lange Musikkarriere zurück: Als 17-Jähriger in der Boygroup „The Boyz“ trat er erstmals in der Oberhausener Arena auf, danach feierte er Erfolge mit Annette Humpe als „Ich & Ich“. Das Erfolgsstück „Du bist vom selben Stern“ singen am Abend viele textsicher mit. Seine siebenköpfige Combo sorgt mit tanzbaren, bass-starkem Sound dafür, dass Tawil die Balance zwischen nachdenklichen Songs und Gemeinschafts-Party hält. Ein erinnerungswürdiges Konzert.