Oberhausen. Über 2000 Mal in neun Monaten wurde der Strom in Oberhausen dieses Jahr abgesperrt. Warum Betroffene sich keine Elektrizität mehr leisten können.

  • 2027 Mal wurde in Oberhausen in den ersten neun Monaten 2017 der Strom abgestellt
  • Bundesweit gab es im letzten Jahr 6,6 Millionen Androhungen und rund 330 000 Stromsperren
  • In Oberhausen stieg der Preis für Strom in den vergangenen vier Jahren um 8 Prozent

Immer mehr Oberhausener geraten in finanzielle Schwierigkeiten und können ihren Strom nicht bezahlen. In diesem Jahr musste der städtische Energieanbieter EVO bereits über 2000 Mal den Strom für säumige Zahler absperren – allein in den ersten neun Monaten.

Zu dieser allerletzten Maßnahme mussten die EVO-Techniker damit schon häufiger greifen als im Gesamtjahr 2013 und 2014 (jeweils gut 1900 Fälle). Bis zum Ende dieses Jahres dürfte die Zahl an Stromsperren auch das Jahr 2015 mit 2066 Einsätzen übersteigen.

Für die Betroffenen hat eine Stromsperre enorme Auswirkungen: Sie können nicht mehr kochen, haben keinen Fernseher, kein Licht und keine Musik mehr.

Eine Erklärung für diesen starken Anstieg an Stromsperren hat die EVO nach eigenen Angaben nicht. Ist es nachlassende Zahlungsmoral? Leiden Arbeitslose immer stärker unter mageren Sozialsätzen? Oder ist es der seit Jahren stetig steigende Strompreis?

Auch der Staat macht Strom teurer

Denn Strom wird auch dank höherer staatlicher Abgaben immer teurer; EVO-Geschäftsführer Hartmut Gieske warnte sogar schon mehrmals die Politik davor, Elektrizität für Privatleute zum Luxusgut zu machen. So kostet Strom heute bei der EVO 29,14 Cent pro Kilowattstunde – das sind 2,15 Cent mehr als 2013, immerhin ein Plus von acht Prozent. Bundesweit kletterte der Strompreis in dieser Zeit im Schnitt nur um zwei Prozent – auf 29,86 Cent.

Die Zahl der Stromsperrungen, die die Energieversorgung Oberhausen (EVO) vornehmen muss, hat in diesem Jahr zugenommen.
Die Zahl der Stromsperrungen, die die Energieversorgung Oberhausen (EVO) vornehmen muss, hat in diesem Jahr zugenommen.

Bis der Strom bei säumigen Zahlern wirklich abgedreht wird, ist es ein weiter Weg: Zehn Wochen vergehen nach Angaben der EVO von der Mahnung bis zur Sperrung. Rita Piroth, Schuldnerberaterin bei der Caritas, kennt ihre Klientel: „Leider reagieren viele Betroffene zu spät oder gar nicht.“

Aber um den Stromabbruch zu verhindern, muss auch nach Auffassung der EVO vor allem der betroffene Kunde selbst handeln. „Bis zur Sperre gibt es Zahlungserinnerung, Mahnung und Sperrmitteilung. Der Kunde kann jederzeit persönlich Kontakt mit uns aufnehmen“, sagt EVO-Sprecherin Birgit Konopatzki.

Laut Bundesnetzagentur wurde in 6,6 Millionen Fällen deutschlandweit damit gedroht, den Strom abzustellen – 330 000 Mal wurde tatsächlich der Stecker gezogen.

Sperrung kostet 60 Euro

Schuldnerberaterin Rita Piroth nennt die Gründe für die Passivität der angemahnten EVO-Kunden: „Häufig haben die Leute den Überblick über ihre Finanzen verloren, weil Arbeitslosigkeit, Krankheit, Trennung oder Tod eines Partners sie psychisch überfordern.“ Zudem sieht sie als Ursachen die erhöhten Strompreise und die geringen Erhöhungen der Sozialgelder an.

Ist der Strom erst einmal weg, wird es so richtig teuer: Die Sperrung kostet knapp 60 Euro; das Freischalten nochmals 70 Euro. Voraussetzung dafür ist aber, dass auch die fälligen Strombeträge beglichen werden. Oft werden dann Ratenzahlungen vereinbart.

Für ganz harte Fälle ist die Zahlung per Vorkasse gedacht: Dafür wird ein Guthaben-Zähler im Haushalt eingebaut und eine aufladbare Chipkarte (Mindestbetrag: 30 Euro) ausgegeben Ist die Karte geladen, fließt der Strom. Für Rita Piroth sei klar: „Das ist bei abgelehnter Ratenzahlung sicher die letzte Variante.“