Oberhausen. . Viele Betroffene nehmen Warnsignale wie Luftnot beim Treppensteigen oder Leistungsschwäche nicht ernst – schlimmstenfalls mit tödlichen Folgen.

  • Großes Interesse an Telefonaktion mit Kardiologen Jutta Roth und Thomas Butz
  • Patienten gehen oft erst spät zum Arzt. Erkrankung heute gut behandelbar
  • Warnsignale: Luftnot beim Treppensteigen, Müdigkeit und Leistungsknick

Das Herz schwächelt leise, anfangs unbemerkt. Doch dann wird der Fußweg, der im letzten Jahr selbstverständlich war, plötzlich zum Problem. Auf der Treppe geht die Luft aus. Müdigkeit und Leistungsknick gesellen sich dazu. Weshalb der Motor unseres Lebens schwächelt und was dann zu tun ist, war jetzt Thema unserer Telefonaktion mit zwei Herzspezialisten.

Dr. Thomas Butz, Chefarzt der Klinik für Kardiologie und kardiologische Intensivmedizin am St. Clemens-Hospital, und Dr. Jutta Roth aus der kardiologischen Praxis Roth/Franzen in Sterkrade nahmen sich Zeit, um die Fragen der Leser zu beantworten. Das Interesse war so groß, dass die Telefone der beiden bereits bimmelten, bevor sie sich an ihre Plätze setzen konnten.

Butz erklärt sich den Andrang so: „Die Menschen werden immer älter, damit tritt auch die Herzschwäche immer häufiger auf.“ Dabei nähmen viele die unspezifischen Warnhinweise leider erst spät ernst, denken allzu lange: „Das vergeht schon wieder.“ Statt dessen vergehen wertvolle Jahre, bis die Patienten endlich beim Arzt sitzen. Schlimmer noch: Über 2000 Todesfälle wurden 2015 in Oberhausen durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen registriert. Eine Herzschwäche war 2016 in Oberhausen gar der häufigste Grund für Krankenhausaufenthalte (1244 Patienten).

Zwei Hauptformen gibt es, erläutert der Chefarzt: Das Hochdruckherz, das über einen lange unbehandelten Bluthochdruck zu verdickten Herzwänden führt. Die Pumpleistung sei dabei meist noch in Ordnung. „Doch das Herz kann sich nicht mehr richtig entspannen.“ Betroffen seien meist ältere Damen um die 80 Jahre. „Betroffene Männer gibt es selten, weil die leider oft nicht zum Arzt gehen – und deshalb bereits verstorben sind.“

Organen fehlt der Sauerstoff

Die zweite Hauptvariante ist das chronisch schlecht pumpende Herz: Es wird nicht mehr genügend Blut und damit Sauerstoff und Nährstoffe zu Organen wie Gehirn, Nieren oder Muskeln gepumpt. Und dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Jutta Roth führt aus: „Gefäßverengungen, Herzklappenfehler, Bluthochdruck, Herzinfarkt, Rhythmusstörungen, aber auch Alkoholmissbrauch und Übergewicht.“ Die akute Herzschwäche, auch plötzlicher Herztod genannt, kann aber auch Folge einer unbemerkt verlaufenden Herzmuskelentzündung sein. „Vorsicht ist nach einer Erkältung geboten, da sollte man Sport strikt meiden.“

Die meisten Anrufer, berichten Roth und Butz, hätten mit Herzrhythmusstörungen zu kämpfen. Butz schickt eine Leserin, die über Luftnot klagt, zum Hausarzt. „Das gehört abgeklärt.“ Im Falle einer Bluthochdruckpatientin rät Roth dringend zur Überprüfung der Medikamente, am besten ebenfalls beim Hausarzt. Eine Schwindelpatientin kann sie beruhigen: „Das kommt nicht vom Herzen.“ Übelkeit bei Belastung (Treppensteigen) könne dagegen durchaus ein Hinweis auf eine Herzschwäche sein. Vor allem bei Frauen.

Denn auch bei dieser Erkrankung gelte: „Frauen ticken anders“, sagt Roth. Doch das sei leider noch nicht bei jedem Kollegen angekommen, bedauert Butz. „Frauen greifen sich zum Beispiel bei einem Infarkt nicht an die Brust, sie klagen vielleicht über Oberbauch- oder Kieferschmerzen und werden abgewimmelt.“ Um im Ernstfall für Klarheit zu sorgen, hat das Clemens-Hospital (KKO) eine Brustschmerzstation eingerichtet.

Jutta Roth arbeitet eng mit den Hausärzten zusammen. „Wir lassen uns EKG und Blutdruckmessungen schicken – daran kann man schon viel ablesen.“

Eine frühzeitige Behandlung bei jeder Herzerkrankung ist wichtig, sind sich die Experten einig. Insbesondere gegen die Herzschwäche gebe es neue, gut wirkende Medikamente. Aber auch bei den technischen Möglichkeiten und der Weiterentwicklung von Schrittmachern oder Defibrillatoren (Elektroschockgeräte) habe es rasante Fortschritte geben. „Heute ist die Herzschwäche sehr gut behandelbar“, darin sind sich Butz und Roth einig.