OBERHAUSEN. . An der zwölften „Kunstlicht“-Nacht mit 15 offenen Ateliers beteiligen sich auch Neulinge von Walsumermark über Eisenheim bis ins Theaterviertel.

  • Die Kunst-Besuche während der langen „Kunstlicht“-Nacht können bezaubern und beängstigen
  • Zu den Debütanten dieser zwölften Atelier-Aktion zählt auch das Kreativquartier Eisenheim
  • Die Werke des Schweizers Robert Bossard im Theaterviertel erzählen von Flüchtlings-Schicksalen

„Kunstlicht“ heißt die vom Kulturbüro organisierte Nacht, in der sich Ateliers öffnen. An der zwölften Aktion am Samstag haben sich 15 Kunst-Adressen mit über 40 Künstlern beteiligt, einige zum ersten Mal.

Zum Beispiel Judith Pasquale und Rosemarie Pott, die 2010 aus dem Sauerland nach Sterkrade gezogen sind, in Pasquales Elternhaus. Die beiden Frauen beschäftigen sich seit 40 Jahren intensiv mit Kunst. Rosemarie Pott bevorzugt abstrahierte Darstellungen in hochwertiger technischer Ausführung. Sie gibt gern Abfall einen neuen, künstlerischen Sinn. So mit ihrer Actimel-Skulptur, bei der sie die leeren Getränkebecher, fein gesäubert und strahlend weiß, auf einer schwarzen Stele zu einer Pyramide miteinander verbunden hat. Oder bei ihrer Aquarienschlauch-Schöpfung, bei der die grünen Wassertransporteure auf einen rechteckigen, schwarzen Untergrund aufgezogen sind. „Je nach Beleuchtung und Standpunkt wirken sie verschieden“, erklärt sie.

Judith Pasquale und Rosemarie Pott öffneten erstmals ihr gemeinsames Atelier am Sterkrader Postweg.
Judith Pasquale und Rosemarie Pott öffneten erstmals ihr gemeinsames Atelier am Sterkrader Postweg. © Michael Dahlke

Weibliche Formen bleiben Torsi

„Ich habe lange in der Kindheitsforschung gearbeitet“, berichtet Judith Pasquale. Sie hat die Bedingungen erforscht, unter denen Kinder in verschiedenen Epochen aufgewachsen sind. Ihre Bilder sind meist farbenfroh, zeigen bevorzugt Kinder in konzen­trierten Situationen vor Indus­trie­kulisse, ob als Gemälde oder als Fotomontage. Nach einer Beobachtung entstand das Gruppenbild dreier Kinder, das zugleich Auskunft über die „Machtverhältnisse“ zwischen ihnen gibt.

In Walsumermark fanden auch zahlreiche Besucher zu Viola Schledorn und Monika Topp . Schledorn spricht nicht gern über ihre Arbeiten. „Das Bild entsteht im Kopf des Betrachters“, erklärt die Kunstlehrerin. Die beiden Frauen bilden sich regelmäßig an Akademien fort. Viola Schledorn zeigt eine Serie mit Collagen von Gesichtern in Mischtechnik, mit Konturen, die mit dem Ölstift gezeichnet und mit Flächen, die mit Wachs gestaltet sind. „Ich möchte andere Menschen motivieren, darin auch ihre Passion zu finden und sie darin anleiten“, sagt sie. Auch Monika Topp arbeitet in Mischtechnik. So präsentiert sie eine Serie von Tuschebildern, deren Motiv Frauenkörper sind, die aber mit Marmormehl, Papierstücken oder Pottasche eine vielgestaltige Oberfläche bekommen haben.

Reger Betrieb herrschte im Kreativquartier Eisenheim an der Fuldastraße, wo sonst kleinkünstlerisch unterhalten wird. Diesmal hatten dort Tina Hüben, die Bildhauerin und Malerin, und Rebecca Gottschick, Fotografin und Malerin, auch etwas fürs Auge mitgebracht: So zeigte Hüben Bilder von Männergesichtern bis hin zum Großformat, außerdem weibliche Akte in Aquarell und als Skulpturen, Letztere aber ohne Kopf. „Mir kommt es ja auf die weiblichen Formen an“, sagt sie. Die hat sie aus Marmor oder Beton geformt.

„Kunstlicht“ – Nacht des offenen Ateliers. Im Kreativquartier: Tina Hüben (li.) und Rebecca Gottschick stellen gemeinsam in Eisenheim aus.
„Kunstlicht“ – Nacht des offenen Ateliers. Im Kreativquartier: Tina Hüben (li.) und Rebecca Gottschick stellen gemeinsam in Eisenheim aus. © Michael Dahlke

Rebecca Gottschick, in Eisenheim neu zugezogen, zeigt ein Windrad an der A 43 bei Sonnenuntergang, aus dem fahrenden Auto fotografiert, oder die Strommast-Skulptur „Zauberlehrling“ nahe Haus Ripshorst, direkt von unten betrachtet. Zudem stellt sie farblich verfremdete Foto-Serien aus, die wie Negative wirken, so vom Rhein-Herne-Kanal. „Ich nehme sehr viel mit den Auge wahr“, erklärt sie.

Robert Bossard, der gebürtige Schweizer, geleitet am späten Abend im Theaterviertel noch zwei Besucherinnen zur aktuellen Bilderserie in seiner Wohnung, die Flüchtlinge zum Thema haben. Er engagiert sich in der Betreuung von Bewohnern der Unterkunft an der Weierstraße in Sterkrade. So war ein Flüchtlingsschicksal als in Ölfarben und mit Sand gestaltete Zeitschiene zu sehen – sowie 13 Selbstporträts, Männer mit nackten Oberkörpern, kahlen Köpfen und einem Stacheldraht in Gesichtshöhe. „Ich will vermitteln, was mich bewegt“, sagt er. Bossards Bilder machen betroffen, wenn nicht sogar Angst. Aber das ist so beabsichtigt.