OBERHAUSEN. . Initiative verlängert den „Lesestadt“-Freitag bis in den Samstag, 18. November. Neben (Autoren-)Lesungen gibt’s Musik und Pantomime.
- „Reisen – lesend um die Welt“ lautet das Motto der Lesestadt-Aktionen am 17. November
- Die Lesebühne des Gdanska verlängert diesen Tag mit einem 24-stündigen Lese-Marathon
- Das Motto „Lesen gegen Nazis“ versammelt Autoren, Musiker und eine Pantomime-Gruppe
Das gab es noch nie im Programm der Lesestadt Oberhausen: Von 12 Uhr am Freitag, 17. November, bis 12 Uhr am Samstag, 18. November, wagt eine Initiative Literaturbegeisterter im Gdanska am Altmarkt einen 24-Stunden-Lesemarathon. Und dieser Lesestoff soll aufrütteln, denn das Motto lautet: „Lesen gegen Nazis“.
„Lesen bildet“, meint pointiert Chris Jacobsen, der Initiator dieser besonderen Aktion, „und Bildung hilft“. Der Literat aus Duisburg hatte zunächst alleine zu einem ganz persönlichen Texte-Marathon durchstarten wollen, der dann nur als Live-Stream im Internet zu erleben gewesen wäre. Doch in der von Iris Goorissen betreuten Lesebühne im Gdanska fanden sich entschlossene Mitstreiter.
Mit Stand vom Wochenende zählen 20 Lesende, vier Musiker und die Pantomime-Gruppe „Pierrot“ zu den Aktiven dieser 24 Stunden. Das aktuelle Lesestadt-Motto „Reisen – lesend um die Welt“ war durchaus auch ein Ausgangspunkt für Chris Jacobsens Idee: Er sei 15 Jahre lang um die Welt gereist, erzählt der Autor – und will nun seine Heimat nicht den Rückschrittlichen überlassen.
Der Lesemarathon wird übrigens zu einem guten Teil ein Autoren-Leseabend, denn der Duisburger hat von Hamburg bis Landau in der Pfalz befreundete Schriftsteller ins Gdanska eingeladen: „Peter Reuter und Thomas Menzel schreiben schon lange gegen das Vergessen.“ Barbara Nasrim lernte Jacobsen über die P.E.N.-Inititative „Writers in Prison“ kennen.
Andere, wie der in Oberhausen rührige Wolfgang Hausmann, sind passionierte Vorleser. Auch Kulturdezernent Apostolos Tsalastras wird vortragen. Gastgeberin Maria Golebiewski ist zuversichtlich: Der Lesemarathon dürfte auch in den späten Nachtstunden sein Publikum finden. Schließlich haben die Wirtsleute des Gdanska, 2001 war’s, sogar schon mal ein 48-Stunden-Kulturprogramm gestemmt.
Um Mitternacht will Chris Jacobsen an seine Kollegin Nadja Sahlenbeck erinnern: Die 41-jährige Autorin von Gruselgeschichten wurde in ihrer Heimatstadt Gevelsberg erstochen – „von einer Internet-Bekanntschaft“. Diese Stunde übernimmt der Initiator der Aktion. Die spätere Nacht – stets aufgelockert durch musikalische Intermezzi – soll ein „Multimedia-Event“ werden.
So soll „Lesen gegen Nazis“ nicht nur live im Web zu verfolgen sein. Mit einem Skype-Telefonat nach San Francisco wollen die Aktionisten die Meinung einer Deutschen im „Exil“ über ihr aktuelles Amerika-Gefühl und ihre Sicht aus der Ferne auf ihre Heimat einholen. Wolfgang Hausmann mit seiner sonoren Stimme beschwört von 2 Uhr die großen Geister der „Goldenen Zwanziger“ wie Mascha Kaleko und Erich Mühsam.
Iris Goorissen übrigens sagt, sie habe auch AfD-Wähler aus ihrem Bekanntenkreis eingeladen: „Vielleicht ergibt sich eine Diskussion.“ Auch die Gdanska-Wirtin will niemanden ausgrenzen. „Der Gast ist König“, sagt Maria Golebiewski, „wenn er sich wie ein König benimmt“.
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„Am Ende“, meint Initiator Chris Jacobsen, „haben wir hoffentlich den Kopf etwas weiter gemacht“. Wer aus den vielen Lese-Proben während der 24 Stunden etwas für sich entdeckt hat, kann am Büchertisch im Gdanska gleich vertiefende Lektüre kaufen. Alle Autoren werden mit ihren Werken vertreten sein.
Der Eintritt ist frei – doch Spenden sind willkommen. Die Einnahmen aus der Spendenbox sollen dem Friedensdorf zugute kommen.
„Lesen gegen Nazis“ also Online-Projekt von Chris Jacobsen ist bereits mit vielen Videos auf Youtube zu sehen.