Oberhausen. Seit Jahren sind die explodierenden Kosten für die Betreuung schwieriger Familien nicht zu stoppen. Jetzt nimmt die Stadt einen neuen Anlauf.

  • Die Kosten für erzieherische Hilfen an schwierige Familien stiegen in acht Jahren um 63 Prozent
  • Das Oberhausener Jugendamt lässt mehr Jugendliche in teuren Heimen betreuen als früher
  • Der Sozialbereich im Rathaus strukturierte sich um: Mehr Personal, neue Teams – bessere Arbeit?

Die Kosten für Kinder in schwierigen Familien steuern in Oberhausen auf einen Negativ-Rekord zu. Allein von Januar bis September hat die Stadt für erzieherische Hilfen rund 60 Millionen Euro ausgegeben. Im kompletten Jahr 2016 waren es 67 Millionen, im Jahr davor 56 Millionen, im nächsten Jahr werden es knapp 70 Millionen Euro sein. Damit kletterten die Ausgaben zur Betreuung von Problemfamilien in nur acht Jahren um 63 Prozent nach oben. Im Jahr 2010 zahlte die Stadt für die Familienbetreuung 43 Millionen Euro.

Sucht und Armut

Unter dem Begriff „Erzieherische Hilfen“ fasst man einfache Beratungen von Familien, Gruppenbetreuung schwieriger Jugendlicher bis hin zur Heimerziehung zusammen. Gründe für den Anstieg dieser oft teuren Maßnahmen gibt es viele. So haben bundesweit Familien zunehmend Probleme, etwa mit Suchterkrankungen oder Armut. Leidtragende sind oft die Kinder, die dann nicht mehr regelmäßig in die Schule gehen oder sich „falsche Freunde“ suchen. Und im Vergleich zu früheren Zeiten ist die Öffentlichkeit, Nachbarn wie Lehrer, viel stärker sensibilisiert, wenn es um Gewaltausbrüche in Familien geht: Dem Jugendamt werden mehr Fälle gemeldet.

© Denise Ohms

In Oberhausen scheinen viele Probleme aber auch hausgemacht zu sein. So hat man nach Angaben von Kennern der Materie zu selten untersucht, welche Maßnahmen welchen Erfolg bringen – und wie lange sie sinnvollerweise dauern sollen. Zudem verzeichnet der Fachbereich im Rathaus eine hohe Fluktuation; durch die steigenden Fallzahlen mussten viele junge, noch unerfahrene Kräfte eingestellt werden.

Viele Jugendämter in den Städten agieren vorsichtiger als früher: Kinder werden schneller in Heimen untergebracht – aus Angst, in dramatischen Fällen nicht rechtzeitig eingegriffen zu haben. Betreiber von Heimen und Wohngruppen haben angesichts der gestiegenen Nachfrage die Preise für die Betreuung von Kindern erhöht.

Die Probleme sind seit Jahren bekannt. Bereits von April 2012 bis Mai 2013 hatte die Beratungsfirma Consens die Strukturen im Sozialbereich untersucht und eine Machbarkeitsstudie erstellt, um Kosten zu senken. Nun gibt es einen neuen Kontrollbericht der Gutachter über die Fortschritte bei der Umstrukturierung des Bereiches, auf den der Rat gedrängt hat – und der am 18. Oktober erstmals von der Politik diskutiert wird.

Sozialdezernentin Elke Münich zeigt sich mit dem Ergebnis zufrieden. Dank der Umstrukturierung würden nun Kämmerei und Fachbereich mit den selben Daten arbeiten. Offenbar hat man jahrelang Zahlen auf verschiedene Art aufgeschlüsselt. „Da hat man Äpfel mit Birnen verglichen“, sagt Münich.

Die Dezernentin zählt fünf Punkte auf, die bisher umgesetzt wurden. So hat die Stadt 42 neue Mitarbeiter für fünf Regionalteams eingestellt. Insgesamt arbeiten dort nun knapp 100 Kräfte. Pro Team gibt es zwei Koordinatoren, die dafür sorgen sollen, dass Hilfen für die Familien besser aufeinander abgestimmt werden.

Zu viele Inklusionshelfer?

Auch die Arbeit der Inklusionshelfer für Schüler mit Handicap soll strukturierter werden. Dafür hat der Fachbereich ein Spezialteam gegründet. Es könne nicht sein, dass es in einer Klasse mehr Inklusionshelfer als Lehrer gibt, sagt Münich. Ein weiteres Spezialteam soll sich um unbegleitete, minderjährige Flüchtlinge kümmern. Und nach langer Zeit habe man Funktionsstellen neu besetzen können: für Controlling, Jugendhilfeplanung und Fachberatung.