oberhausen. . Trashedy bietet thematisch dichtes Öko-Theater, droht aber zu überfrachten. Die Melange aus Spiel, Musik und Animation gelingt dagegen glänzend.

  • Das Künstlerkollektiv Performing Group zeigt das Jugendstück Trashedy im Theater Oberhausen
  • Es geht in der Inszenierung um ökologische Verantwortung und den Schatz der Nachhaltigkeit
  • Zwei Ensemble-Mitglieder verbinden Klangcollagen, Animation und Schauspiel miteinander

Kaum hat die Evolution unsere Vorfahren aus dem Meer befördert, geht das Affentheater los. Die Hände prallen zum animalischen Geschrei auf die Brust. Seht her, hier bin ich! Wenige Minuten später ist der Saal 2 des Theaters Oberhausen übersät mit Papierbechern. Seht her, hier ist mein Müll!

Das Jugendstück „Trashedy“ verwandelt Müll nicht in Gold. Doch die 50-minütige Inszenierung des Künstlerkollektivs Performing Group trifft einen Nerv. Junge Theaterbesucher soll dies jedoch tunlichst nicht an einen Zahnarztbesuch erinnern. Ökologische Werte und den Schatz der Nachhaltigkeit möchte Regisseur Leandro Kees nicht mit diesem penetrant mahnenden Zeigefinger vermitteln. Das gelingt meistens, ist aber eben auch komplex. Mal eben so die Welt retten, ist in einer knappen Stunde schwierig.

Die Trinkbecher fallen nach jedem hastigen Schluck auf den Boden. Dazu tickt die Uhr. Der Einweg-Gedanke tickt aus. Es droht der Infarkt.

Das alles zieht dem Publikum die Schuhe aus

Die zwei Ensemble-Mitglieder des Theaters bleiben nicht lange allein: Mervan Ürkmez und Lise Wolle reagieren auf das Gezwitscher, das, ja, hier einmal von richtigen Vögeln stammt und nicht von eilig befüllten Twitter-Zugängen im Internet. Diese Klangcollagen sind für „Trashedy“ wichtig. Genauso wie die Leinwand-Animationen mit ihren groben Zeichnungen.

Das alles zieht dem Publikum die Schuhe aus. Man kann dies ruhig wörtlich nehmen. Ein Turnschuh eines Theaterbesuchers wird hinter die Leinwand gehalten und ist für das Publikum dort als Animation zu sehen. Der teure Marken-Treter wird wie bei einem Röntgengerät durchleuchtet. Und siehe da: Die Produktionskette wird sichtbar. Von der strahlenden Werbung, der glänzenden Schachtel, dem gewonnenen Leder bis zur toten Kuh, die geköpft auf der Weide liegt.

Das klingt jetzt doch nach erschlagender Moralkeule? Ist es aber nicht. Der Humor rettet „Tra­shedy“ vor dem Abdriften in den Schulunterricht. Und daran haben Mervan Ürkmez und Lise Wolle ihren Anteil. Sie zeigen Körpereinsatz. Das Ringen um eine bessere Welt beginnt bei der Ansprache.

Ein Patentrezept will „Tra­shedy“ nicht geben

Beim Konsumverhalten endet der verhaltene Blick. „Trashedy“ zeigt die blendende Werbung, bei der das Unangenehme im Hintergrund bleibt. Mervan Ürkmez und Lise Wolle stehen plötzlich in einer Game-Show. Mehr. Mehr. Mehr Fragen müssen beantwortet werden. Was wird noch gleich in den Hähnchen-Happen eines Schnellimbiss-Kette verarbeitet? Herz oder Hirn? Hirn oder Herz?

Wenn die Stilmittel miteinander verschmelzen, zeigt „Trashedy“ seine Stärke. „Aus großer Kraft folgt große Verantwortung“, sagt die jungenhafte Stimme aus den Lautsprechern. Eine Klangcollage, kurzerhand aus dem Superhelden-Kinofilm „Spiderman“ recycelt. Plötzlich wechselt „Trashedy“ zu einem hinterfragenden Probendialog, der mit vertauschten Rollen von den Darstellern synchronisiert wird.

Was sollen wir ändern? Ein Patentrezept kann und möchte „Tra­shedy“ nicht geben. Es geht um das eigenständige Denken und Hinterfragen. Irgendwann schreien sie Parolen wie „Weniger Auto fahren“ heraus. Den Applaus feiern sie mit der Papierschnitzelkanone, deren Unrat wieder die Bühne überdeckt. Ganz so einfach ist es eben nicht.