Oberhausen. Die beiden ersten Konzerte des Jazzfestivals „Hömma“ sorgen für Aha-Erlebnisse. TAB und „Frau Contra Bass“ vereinen im Ebertbad Swing und Charme.

  • Mit dem Auftakt des Festivals „Hömma“ hat das Ebertbad bewiesen: Es kann auch Jazz-Club
  • Das Quartett TAB des Schlagzeugers Thomas Alkier zeigt die softe Seite des Fusion-Jazz
  • „Frau Contra Bass“ – eine Stimme ein Instrument – sind kein Minimalismus, sondern maximaler Einsatz

Uwe Muth hat’s im Einzelnen nicht vorgezählt, erklärte aber sein Kind namens „Hömma“ zum „sechsten großen Musik-Festival in der Festivalstadt Oberhausen“. Und Peter Baumgärtner, sein Kollege in der Agentur „Sensitive Colours“ und der künstlerische Leiter der vier Jazz-Abende, wünschte „viel Spaß beim Vermehren der musikalischen Einsichten“.

Stimmungsvoll ging’s los im Ebertbad – und gar nicht belehrend, anstrengend oder bombastisch auftrumpfend. Mit den vielen kleinen Tischen war die Badeanstalt eingerichtet wie ein plüschiger Jazz-Club. Das Veranstalter-Duo hätte sich sicher die engere Bestuhlung eines knallvoll ausverkauften Hauses gewünscht. Aber als Macher der Hildener Jazztage wissen Muth und Baumgärtner: Aller Anfang ist schwer.

Ein stimmungsvoller „Jazz-Club“: das Ebertbad, auf der Bühne TAB.
Ein stimmungsvoller „Jazz-Club“: das Ebertbad, auf der Bühne TAB. © Kerstin Bögeholz

Dabei hätten es TAB und „Frau Contra Bass“ auch den Jazz-Anfängern so leicht gemacht: mit mitreißendem Schwung und bezwingendem Charme.

Da singen doch mindestens Zwei?

Den Anfang machte das Quartett des Recklinghäuser Schlagzeugers Thomas Alkier. Das Spiel des 52-Jährigen trieb schon das halbe Jazz-Lexikon vorwärts. Im Ebertbad war der bekannteste TAB-Mitspieler Gitarrist Kai Brückner. Vielleicht hätte „Hömma“ ihn als Stimme des „Kleinen Lord Fauntleroy“ bewerben sollen, um das Bad zu füllen. Aber das ist 36 Jahre her – und ein „Frontman“ ist dieser Gitarrist auch dann nicht, wenn er mal zur roten Fender greift.

Das Spiel hochmelodiös, fingerflink und flüssig – den Blick aber stets aufs Notenpult geheftet, so wahrte Kai Brückner Haltung: vom Auftakt mit Jaco Pastorius’ „Free View of a Secret“ bis zum Finale mit einer Eigenkomposition.

TAB machte klar: Der Bandleader sitzt hier hinter der Schießbude, wechselt zwischen Mallets, Drumsticks und dem guten alten Schneebesen. Man hätte Thomas Alkier auch Moe Tuckers Baseballschläger in die Hände drücken können – das Ergebnis wäre ebenso feinsinniger wie druckvoller Swing gewesen. Der Herzschlag inmitten des Wohlklangs: links von Alkier der warme, singende Ton der Gitarre, rechts das treibende Spiel von Rolf Zielke.

Traumschöne Jazz-Ballade

Der Pianist zückte mit „Ida’s Daydream“ auch eine edel geprägte Visitenkarte als Komponist. Zudem arrangierte er eine G. F. Händel-Arie zu einer traumschönen Jazz-Ballade, eingeleitet von einem raren Solo des TAB-Bassisten Olaf Casimir.

Der sperrige Tieftöner sollte beim Duo „Frau Contra Bass“ ganz anders zur Geltung kommen. Ein Instrument und eine Stimme: Das hat nichts mit Minimalismus zu tun. Denn Katharina Debus und Hanns Höhn geben alles und schöpfen aus einem allumfassenden Repertoire aus Songbook-Standards, Soul und selbst uraltem Rock’n’Roll, wie „Heartbreak Hotel“ beweisen sollte.

Katharina Debus singt alles und Hanns Höhn gibt alles: So wissen „Frau Contra Bass“ zu begeistern.
Katharina Debus singt alles und Hanns Höhn gibt alles: So wissen „Frau Contra Bass“ zu begeistern. © Kerstin Bögeholz

Wie einst bei Al Jarreau hatte man bei der koboldhaften Sängerin mit der ganz großen Stimme oft den Eindruck: Da singen doch mindestens Zwei? Während bei Stevie Wonders „As if you Read my Mind“ der Bass in irrwitzigem Tempo seine Salven feuerte, wechselte der Gesang in Sekunden zwischen Elfe und Aretha. Da können die Ohren kaum mithalten.

So suchte und fand „Frau Contra Bass“ Neues im Vertrauten: Während andere bei „Black Coffee“ das große Drama ausleuchten, bringt die Debus den Ella-Standard schlafwandlerisch verschleppt. Der Bass tickt dazu wie ein böses Metronom. Auch die „Windmills of your Mind“ entsprachen mit stimmlichem Trauerflor besser dem manischen Text als die übliche Chanson-Süße.

Peter Baumgärtner hatte schon recht mit dem „Vermehren der musikalischen Einsichten“.

>>>>>>INFO: SO GEHT ES BEIM FESTIVAL WEITER

Am Samstag (16. September) müssen sich Jazz-Fans entscheiden: Geht’s um 19 Uhr in die Theaterkneipe Falstaff zu Gitarrist Jan Bierther und dem jungen Organisten Noel Stevens? Oder ebenfalls zu „Gitarre und Orgel“ in die Christuskirche, Nohlstraße? Dort spielt Jörg Siebenhaar auf der „Königin der Instrumente“, begleitet von Thomas Hanz.

Am Sonntag (17. September) ist dann das Große Haus des Theaters der alleinige „Hömma“-Schauplatz: Den Anfang macht um 19.30 Uhr das junge Trio des erfahrenen Saxofonisten Matthias Nadolny, gefolgt von einer zweiten Begegnung der Generationen: dem Jugend-Jazz-Orchester NRW und Silvia Droste. Einzelkarten kosten 20 Euro, mit der EVO-Card 12,50 Euro. Online informiert die Seite jazz-in-oberhausen.de