OBERHAUSEN. Im Genre der „Neuen deutschen Härte“ liefert Eisbrecher bessere Texte. Im Interview verspricht SängerAlexx Wesselsky „noch eine Schippe drauf“.

Seit 2002 verbindet „Eisbrecher“ harter Rockmusik mit intelligenten deutschen Texten. Ihre Bemühungen krönt jetzt das siebente Album „Sturmfahrt“, das Platz 1 der Charts erklommen hat. André de Vos sprach mit Sänger und Haupttexter Alexander „Alexx“ Wesselsky über die Methode Eisbrecher.

Hattet ihr euch wieder fest vorgenommen, weiter eure Platten mit dieser nautischen, kalten Thematik zu produzieren?

Die Band heißt „Eisbrecher“, und bis dato hatten wir weder einen Eisbrecher, noch Ruderboot oder Rettungsring visualisiert, sondern das eine oder andere Mal den Eisbären. Jetzt haben wir uns gedacht: Bei der letzten E.P. „Volle Kraft voraus“, da haben wir zum ersten Mal ein massives Eisbrechermonstrum, so im Art-Deco-Style abgebildet. Das walzt da auf einen zu.

Und dann seid ihr gleich auf ein U-Boot als Cover gekommen?

Wer denkt bei „Eisbrecher“ oder „Eis“ nicht an dieses einmalige Thema: mit dem U-Boot durch das Packeis, an die alte „Nautilus“ und Kapitän Nemo? Einmal hoch gucken, wo wir sind, alles ist weiß, abtauchen, weiter geht es. Ein U-Boot ist natürlich auch das perfekte Fluchtmittel. Wenn schon verduften, dann sollte es ein U-Boot sein.

Warum?

Nicht-Gesehen-Werden ist ideal, die anderen aber trotzdem sehen, ist noch idealer. Also, das waren so die kleinen Gedankensprünge dahinter. Und das sieht ja auch super aus: Zum ersten Mal etwas Nautisches auf dem Cover.

Beim „Eisbrecher“–Thema kann man auch noch andere Ebenen hineinbringen: Man kann es ja auch noch der Sonne entgegenbringen?

Da sind wir ja frei. Da haben wir zwei Deutungshoheiten. Der „Eisbrecher“ ist auch etwas anderes als der Stahlkoloss, der sich jeden Weg frei bricht. Natürlich ist auch die Ebene drin, das Eis zwischen den Menschen zu brechen. Wir könnten als Cover auch ein „Herzchen“ machen: „Lass’ und das Eis brechen“. Aber ehrlich: Es soll optisch voll „auf die Zwölf“ gehen. So ist es die „Redoutable“, das größte französische Atom-U-Boot.

Wie hat es bei der Platte musikalisch konkret ausgesehen? Wie lässt du dich zu Texten wie „Der Wahnsinn“ oder „Wo Geht der Teufel hin“ inspirieren?

Das ist ganz einfach! Es ist erst immer die Musik da. Manchmal ist eine Headline da. „In einem Boot“ ist klar, das ist die Idee da: „Lass’ uns mal ‚Das Boot’ machen und in einen neuen Kontext bringen.“ Da hat jeder diesen Film im Kopf, da hat jeder die Melodie im Kopf.

Und sonst?

Dann macht man die Augen zu und sieht Bilder. Und dann weiß man ganz genau, dass zu der Musik von „Was ist hier los?“ oder „Sturmfahrt“, wenn die Gitarren entsprechend „walzen“, dass es total nach vorne losgeht wie die „Apokalyptischen Reiter“. Da weiß man, das kann nur ein super-martialisches Etwas sein. Man macht die Augen zu, und was sieht man da an Bildern auf sich zurollen? Es ist ein Sturm, das ist eine Attacke, also Sturmangriff, so fühlt es sich an wie eine Reiterattacke, die auf dich zukommt zu Napoleonischen Zeiten.

Die Musik erzeugt das Bild, damit ist das Lied aber noch nicht geschrieben?

Wenn etwas klingt wie das Lied „Sturmfahrt“, denk dir mal den Text weg, da würde dir sicherlich kein Song einfallen wie „Sonne, Mond und Sterne“. Da kommt man sofort in die richtige Richtung. Da ist ein Pfund Aggression drin, da ist ein Pfund Tempo drin, was mache ich da? Ich werde also eher bei „Formel 1“ landen als in der „Lindenstraße“.

Wie ist es möglich, Platten zu produzieren und immer noch ein Quäntchen zu haben, das man drauflegen kann?

Nenne es Erfahrung, nenne es Professionalität, nenne es Genialität oder auch Glück. Das kannst du dir aussuchen. Die Zeiträume sind immer ähnlich. Die Löcher, in die man fällt, sind immer ähnlich tief, die Berge, die man erklimmt, sind ähnlich hoch. Aber solange man die Motivation hat und solange man noch etwas zu sagen hat, warum sollte man nicht noch eine Schippe drauflegen?

>>> Leinen los für die laute Sturmfahrt

Auf großer „Sturmfahrt“ werden Eisbrecher am Freitag, 29. September, um 20 Uhr in der Turbinenhalle, Im Lipperfeld 23, anbranden. Karten für 47,40 Euro gibt’s bei den bekannten Vorverkaufsstellen.

Das Eis bricht als Special Guest die Hannoveraner/Leipziger Formation „Unzucht“, die bereits 2016 als Vorgruppe dabei waren. „Wir haben uns super verstanden und haben seitdem ein sehr freundschaftliches Verhältnis“, so Chef-Eisbrecher Alexx. Mit ihrem aktuellen Studioalbum „Neuntöter“ erreichte „Unzucht“ Platz 16 der deutschen Charts.