Oberhausen. . Der zweite „Science Slam“ im rappelvollen Gasometer präsentierte Forschung als amüsantes Vergnügen. Rahmenprogramm zu „Wunder der Natur“.

Die schönste Frage beim zweiten „Science Slam“ im ausverkauften Gasometer lautete schlicht: „Gibt es ein Leben nach dem Darm?“ Eine Frage, die nicht nur unseren alten Hausfreund Escherichia Coli, der uns ausgerechnet mit Vitaminen versorgt, sondern auch die Molekularbiologin Olga Sarenko bewegt.

Jawohl, gibt es – lernten die Zuschauer in kurzweiligen zehn Minuten. Weil sich dieses gern auch mal fiese Bakterium nicht nur noch schneller als die Kaninchen vermehrt – und zwar simpel durch Teilung seiner selbst –, sondern sich auch höchst effektiv vor den Unbilden des wahren Lebens zu schützen vermag. Durch einen Biofilm, für den ein Rosinenkuchen als Beispiel herhalten musste. Zellulose plus Proteine plus Zucker, fertigt sei Eschers Schutz und Schirm – so die junge russische Wissenschaftlerin ungerührt, die zwecks eigener Anschauung einen Blick in den heimischen Ausguss empfahl: Science Schlamm sozusagen. Das im Durchschnitt erstaunlich junge Publikum war geschüttelt, nicht gerührt und vergab faire 71 Punkte nach kurzer, vom großartigen Moderator Andreas Laurenz-Maier tanzend untermalter Bedenkpause.

Warum sie ausgerechnet Steine in der chilenischen Atacama-Wüste sammelt, dem „absolut abiotischsten Ort unseres Planeten“, erläuterte die Geologin Jessica Starke. Sei diese doch der Mars-Oberfläche äußerst ähnlich, wie sie anhand verblüffender Vergleichsfotos bewies. Ihre Fragen an die Atacama: „Wie lange ist das Wasser weg?“ und „Wie alt ist diese Wüste?“. Antwort nach der Analyse von mühsam durch den Zoll gebrachten 800 Kilo Sand: partiell 10 Millionen Jahre und ordentlich feucht war’s dort zuletzt vor 200 000 Jahren. Interessant, aber derart staubtrocken vorgetragen, dass es gerade mal für den letzten Platz im „Science Slam“ langte.

Was Leben und Mathematik verbindet, demonstrierte dagegen amüsant Stefan Schäfer vom Potsdamer PAEON-Institut unter dem Titel „Kampf der Follikel“.

Parameter für Kindersegen

Wie entwickeln sich weibliche Eizellen und welche gewinnt warum das Rennen um die Befruchtung? „Wir stellen Gleichungen auf, raten die Parameter und lassen dann den Computer arbeiten.“ Das Ergebnis seien bessere Vorhersage-Daten für Reproduktionsmediziner – kurz gesagt: Kindersegen. Wissenschaft mit Nutzwert: Platz 3.

Sex sells, wissen alle Werber, aber Tiere schlagen alles. Und so war am Ende des Abends die spannende Frage, ob die Echsen aus dem schönen Panama, deren Diversität der Biologe Sebastian Lotzkat anhand von Klimamodellen locker-flockig erläuterte, das „Phantom des Waldes“ seiner Kollegin am legendären Frankfurter Senckenberg-Forschungsinstitut würden toppen können.

Natürlich nicht, denn kleine Kätzchen sind der Superhit – vor allem, wenn sie so witzig präsentiert werden wie von Kathrin Steyer, die mithilfe von Pfählen die Verbreitung der europäischen Wildkatze erforscht. Rubbelt die sich doch am mit Baldrian präparierten Holz und hinterlässt dabei Haare, die dann von der Biologin analysiert werden.

„Natürlich ist nicht jede Haarprobe von einer Katze“, so Steyer, die drei Monate über der Frage rätselte, wie denn wohl ein Lama in den Wald komme. Unglaublich, aber wahr: Einer der vielen freiwilligen Helfer kratzte sich immer mit dem Pfahl an der Mütze. Großes Gelächter im hallenden Gasometer, was die gewitzte Forscherin lässig steigerte mit dem Hinweis, wie man eine Wild- von einer Hauskatze unterscheide: „Einfach aufschneiden. Europäische Wildkatzen haben einen viel kürzeren Darm!“