Oberhausen. . Jugendliche enthüllen die mit Simone Kamm erschaffene Engels-Skulptur. Wünsche nach Frieden und Versöhnung rühren die Besucher im Rathaus.
- Für den Engel brauchte es etliche Pflaster und viele Stunden Arbeit im Atelier von Simone Kamm
- Mit einigen ihrer hundert jugendlichen Mit-Künstler enthüllte sie „Freiheit leuchtet“ im Rathausflur
- Schirmherr und Oberbürgermeister Daniel Schranz erklärte die Skulptur zum „Zeichen der Hoffnung“
Mit dem ersten Lichtschein aus dem Körper der großen Papier-Skulptur setzt ein Jubel ein, der locker die eigens für den feierlichen Anlass komponierte Musik übertönt. Einige von Simone Kamms jungen Mit-Künstlern hatten den Gaze-Schleier über „Freiheit leuchtet“ beiseite gezogen. Der Engel mit vielen Inschriften von Kinderhand hat seinen Platz im Treppenhaus des Rathauses gefunden.
So ein himmlisches Wesen beflügelt – erst recht mit einer Flügelspannweite von mehr als vier Metern. Und so gab’s gestern viele hochgestimmte Worte. Zu Tränen rührte aber erst die Künstlerin mit Atelier in Sterkrade, als sie beispielhaft zwei Einträge vom handgeschöpften Engels-Papier zitierte: „Ich möchte, dass der Krieg in meinem Land Syrien aufhört.“ – „Ich verabschiede meine Traurigkeit und tausche mein Herz gegen ein neues Herz.“
Viele der annähernd hundert Kinder, die ihre guten Wünsche dem Engel anvertrauten, sind als Geflüchtete nach Oberhausen gekommen. „Ohne Eltern“, wie Simone Kamm sagte, „ab einem Alter von sieben Jahren“. Betreut werden sie von vier Institutionen: Gerhard-Tersteegen-Institut, Deutschem Rotem Kreuz, Caritasverband und Evangelischer Jugendhilfe. „Sie haben ihre Wünsche in Papierkunstwerke eingeschöpft“, so die Künstlerin, „aus einem Material das andere Leute wegwerfen“. Der bevorzugte Papierrohstoff im Atelier Kamm sind pürierte Spargelschalen.
Die Kunst entsteht aus unserer Mitte heraus
Für den gewaltigen Papier-Engel ging’s allerdings nicht ohne ein stützendes Korsett – und nicht ohne einen 17 Meter hohen Gerüstturm, damit der himmlische Bote in Höhe des Ratssaales schweben kann. „Hier, wo Demokratie stattfindet“, wie Apostolos Tsalastras sagte. „Wir sind in Oberhausen dafür bekannt“, meinte der Kulturdezernent, „dass die Kunst aus unserer Mitte entsteht“ – und nicht etwa für Millionen (welche die Stadt nicht hat) eingekauft werde.
Oberbürgermeister Daniel Schranz, zugleich Schirmherr des Projekts „Freiheit leuchtet“, erklärte die Skulptur zum „Zeichen der Hoffnung“. Er erinnerte an die im Gefolge des Terror-Angriffs von Barcelona verletzten Jugendlichen. „Welch schöneres Zeichen könnte es angesichts schlimmer Nachrichten geben?“
Mit Simone Kamm hatten Jugendliche aus vielen Kulturen und Religionen gearbeitet. Oberhausen signalisiere mit dem Engel seine Weltoffenheit. Die Künstlerin denkt schon weiter: „Wenn’s nach mir geht, darf der Engel weiter wachsen“, sollte „Freiheit leuchtet“ auch den Landtag erhellen.