Oberhausen. . Wenn ein Zusammenleben in der Familie nicht mehr klappt, kümmert sich die Jugendhilfe um die Heranwachsenden. Und das seit nun 130 Jahren.

  • Seit 130 Jahren unterstützt die evangelische Jugendhilfe Heranwachsende in Oberhausen
  • 112 festangestellte Mitarbeiter kümmern sich aktuell um 140 Kinder in den Einrichtungen
  • Neben Tagesgruppen und Erziehungskursen bietet die Jugendhilfe auch Wohngruppen an

„Wir sind der letzte Anker. Wer zu uns kommt, hat oft schon eine Odyssee hinter sich.“ Harald Schwab ist seit 1991 Geschäftsführer der Evangelischen Jugendhilfe Oberhausen und hat schon viel erlebt. Die Begeisterung für die Arbeit mit Kindern hat er aber auch kurz vor der Rente nicht verloren: „Ich brenne da immer noch für“, sagt der Familientherapeut, der sich selbst als „Oberhausener mit Haut und Haar“ bezeichnet.

„Viele wissen, wie sie an Kinder kommen, aber nicht, was auf sie zukommt“, erzählt er. Wenn es dann zu Problemen in den Familien kommt, ist die Evangelische Jugendhilfe zur Stelle. Und das seit mittlerweile 130 Jahren. Aktuell betreuen 112 festangestellte Mitarbeiter über 140 Kinder in Oberhausen. Das Tätigkeitsfeld ist dabei vielfältig: Neben Tagesgruppen für Kinder mit Förderbedarf und Erziehungskursen für Eltern betreibt die Einrichtung dezentrale Wohngruppen im ganzen Stadtgebiet.

Unterbringung sehr teuer

Dort landen Kinder und Jugendliche, die nicht bei ihren Eltern bleiben können. Meist sind schwierige Familienverhältnisse der Grund. Schwab beobachtet immer wieder, wie sich Eltern, zum Beispiel nach einer Trennung, nicht mehr um ihre Kinder kümmern. „Die neue Familie ist dann interessanter.“

Um die Kinder und Jugendlichen so gut wie möglich aufzufangen, hat die Einrichtung sich neu aufgestellt: Das ehemalige Kinderheim an der Helmholtzstraße wurde 1994 abgerissen und durch dezentrale Wohngruppen ersetzt. „Das sind ganz normale Wohnhäuser in ganz normalen Vierteln“, erklärt Schwab. Sieben bis neun Kinder und Jugendliche unterschiedlichen Alters leben dort zusammen. „Wie in einer Familie, alle lernen voneinander.“

Erziehungsführerschein für Eltern

Diese Art der Unterbringung ist aber sehr teuer. Einen Platz in einer Wohngruppe bekommt deshalb nur, wer vorher alle anderen Hilfsangebote durchlaufen hat. „Das finde ich schade“, sagt Harald Schwab, denn viele Jugendliche würden ihren Aufenthalt als gute und hilfreiche Zeit in Erinnerung behalten. Im Schnitt bleiben sie für zwei Jahre in der Wohngruppe. Danach kehren viele in ihre Herkunftsfamilien zurück.

Andere ziehen in eine eigene Wohnung. „Viele haben ihr Leben trotz schwieriger Startbedingungen gut in den Griff gekriegt“, resümiert Schwab. Er wünscht sich allerdings, dass Aufenthalte in der Wohngruppe die Ausnahme bleiben. Mit dem sogenannten „Erziehungsführerschein“, einem Kurs, in dem Eltern Grundlagen der Kindererziehung erlernen, will er Elternkompetenzen fördern. „Eltern müssen ihr Kind verstehen. Oft fehlt es an Energie, Zeit und Geduld.“