Oberhausen. . Ercan Telli, der Geschäftsführer des Integrationsrates, und seine Partner möchten junge Migranten verstärkt in Pflegeberufe bringen.

  • In Oberhausen soll in der Pflege auf Senioren-Migranten Rücksicht genommen werden
  • Weil das nicht ganz einfach ist, wird jetzt von diversen Institutionen ein Hilfspaket geschnürt
  • Mediatoren sollen schon jetzt Missverständnisse ausräumen und unterstützen

Der Bedarf an Personal für Alten- und Pflegeheime ist nach Angaben der Wohlfahrtsverbände extrem groß: Es fehlen Fachkräfte an allen Ecken und Kanten. Dieser Mangel brachte Ercan Telli, den Geschäftsführer des Oberhausener Integrationsrates, auf die Idee, Männer und Frauen aus Zuwandererfamilien zu aktivieren. „So viele junge Leute mit Migrationshintergrund haben keinen Ausbildungsplatz, wir wollen sie für die Altenpflege begeistern“, sagt Telli.

Mitmachen bei dieser Aktion des Integrationsrates wollen die Kurbel, das Büro für Chancengleichheit und gesetzliche Krankenkassen. „An Praxistagen oder etwa bei Bürobörsen planen wir, den Jugendlichen das Berufsbild näher zu bringen“, sagt Telli. Aber auch in Gemeinden und Moscheen wolle man die Werbetrommel für diesen anstrengenden, aber vielfältigen Beruf rühren.

Mediatoren sollen jetzt beraten

Der Geschäftsführer des Integrationsrates ist mit der Idee, junge Migranten ins Pflegeboot zu holen, recht vorausschauend. Denn ab 2020 werde die Zahl der Senioren mit Migrationshintergrund stark steigen, versichert er. Schon jetzt würden viele alte Menschen mit Wurzeln in fernen Ländern in Pflegeeinrichtungen betreut. „Ohne interkulturell geschultes Personal kann es hier schnell zu Missverständnissen kommen“, ist Telli überzeugt. Manche Menschen sprächen vielleicht kaum Deutsch, Frauen wollten sich nicht von Männern waschen lassen. Verschiedene Kulturen hätten oft ihre ganz eigene Art, zu baden.

Die jungen Migranten, die hoffentlich für Pflegejobs gewonnen werden können, müssen erst noch zwei, drei Jahre zur Schule gehen. „Deshalb haben wir 45 interkulturelle Mediatorinnen für den Einsatz in Seniorenzentren weitergebildet“, sagt Telli. Wir, das sind die Kurbel, Pro Wohnen und der Integrationsrat.

Als Türöffner weiterhelfen

In den Pflegeheimen sollen die Mediatorinnen nicht mitanpacken, aber den hauptamtlichen Kräften mit Rat zur Seite stehen, wenn es Probleme gibt. Sie könnten gut zum Türöffner werden.

Telli schildert so eine scheinbar verfahrene Situation, die mit Hilfe von Profis geklärt werden sollte: „Für die Tochter einer dementen alten Frau kann es eine große Entlastung sein, über einen Mediator zu erfahren, dass ihre Mutter krank ist. Dement eben. Und nicht verrückt, wie sie bis dahin geglaubt hat.“

Viele Zuwanderer der ersten und zweiten Generation werden gerade in diesen Jahren vermehrt pflegebedürftig, weil die Mehrheit von ihnen ein recht hartes körperlich belastendes Arbeitsleben hatte. Telli spricht von 250 Stunden Arbeit im Monat. Und seit einiger Zeit wisse man vom Bosporus-Syndrom – eine psychische Belastung durch das Gefühl, entwurzelt zu sein. „Die Menschen altern auch seelisch, weil sie ihre Heimat vermissen“, erklärt Telli.

>> HILFSANGEBOTE OFT NOCH ZU UNBEKANNT

In Oberhausen hat sich der Arbeitskreis „Interkulturelle Öffnung der Pflege“ gegründet. Dessen Mitglieder, zu denen auch der Integrationsrat gehört, luden am 21. Juni zur Fachkonferenz. Ein Ergebnis: Hilfs- und Beratungsangebote der Stadt sind oft noch zu unbekannt.

Deshalb fordert SPD-Ratsherr Ercan Telli von der Rathaus-Mannschaft, aktiver auf die Menschen zuzugehen. „Die Verwaltung darf nicht einfach nur sagen, wir haben die und die Angebote, die Leute sollen sich selbst informieren, und wer das nicht tut, fällt hintenüber.“