OBERHAUSEN. . Verein bilanziert seine erste Saison mit diskussionfreudiger Leserschaft. Neue Schauplätze erschließen den Literatur-Fans auch jüngeres Publikum.

  • Der junge Verein Literaturhaus Oberhausen freut sich über viele Fans und Förderer
  • Der Rückhalt von Bürgerstiftung bis Kulturbüro macht den Programm-Machern Mut
  • Im Sommer bespielen die Literaturfans auch das Gästehaus der Gutehoffnungshütte

Etwas Lehrgeld hatte der junge Verein bei den Verlagen zahlen müssen, aber peu a peu erarbeitet sich das Literaturhaus einen guten Ruf: „Da können wir unsere Autoren hinschicken“, wie’s Harald Obendiek formuliert. Stolz und Freude schwingt mit im Resümee des ersten literarischen Frühjahrs, Seite an Seite mit der Weinlounge „Le Baron“ an der Marktstraße 146. „Was Emile Moawad hier zur Atmosphäre beisteuert“, nennt Hartmut Kowsky-Kawelke, Vereinsvorsitzender der Literaturhäusler, „einfach klasse“.

Und angetan waren auch die prominenten Gäste der Auftakt-Abende: Bob-Dylan-Übersetzer Gisbert Haefs, Buchpreisträger Frank Witzel und Krimi-Romancier Ralph Hammerthaler. Sie alle sagten ein Wiederkommen zu, sobald sie neue Werke für einen Leseabend werden vorlegen können.

Ein Auftakt nach Maß: Knallvoll war’s im Literaturhaus zum allerersten Termin mit dem Bob-Dylan-Übersetzer Gisbert Haefs.
Ein Auftakt nach Maß: Knallvoll war’s im Literaturhaus zum allerersten Termin mit dem Bob-Dylan-Übersetzer Gisbert Haefs. © Herbert Höltgen

Literaten und Gastgeber freuen sich über die guten Gespräche mit dem Publikum, die nach sämtlichen der ersten sieben Termine flott in Gang kamen. „Das bestätigen uns auch die Autoren“, sagt Rainer Piecha: Die Oberhausener sind diskussionsfreudig. Und kauffreudig – denn der Sterkrader Buchhändler Arndt Wiebus hatte am Büchertisch im Literaturhaus gut zu tun.

Dort haben sich die zwei Dutzend Aktiven inzwischen wohnlich eingerichtet. Ambiente, ja – „aber wir wollten hier keinen stylish-geleckten Charakter“, betont Hartmut Kowsky-Kawelke. Das Mobiliar finanzierte die Bürgerstiftung der Sparkasse; die Renovierung des schönen Raums neben „Le Baron“ ermöglichte das städtische Quartiersmanagement. Auch der Kontakt zum Kulturbüro gestalte sich unkompliziert, so der Vereinsvorsitzende: „Für uns ist das eine tolle Anschubhilfe.“ Das Literaturhaus kann mutig Programm machen – und muss nicht gleich verzagen, weil zu einer Lesung mit der so souveränen wie sympathischen Annette Mingels nur wenige in die Sterk­rader Stadtbibliothek kamen.

Die Literaturhäusler wollen weiter neue Schauplätze erschließen – und so auch neues Publikum. Das gelang jüngst mit dem Auftakt des Sommerprogramms im Drucklufthaus: Friedemann Karig analysierte „Wie wir lieben“ vor vielen jüngeren Zuhörern. Im soziokulturellen Zentrum also mal ein anderes Format als jene Poetry Slams, denen das Literaturhaus auch keine Konkurrenz machen möchte.

„Im Prinzip“, sagt Rainer Piecha, „haben wir das Programm bis Jahresende“. Und diese Vorschau stellt mit der Wienerin Eva Menasse schon mal hohe Erwartungen in den Caféhaus-bestuhlten Raum. Harald Obendiek kündigt für die kommende Woche sogar schon eine Klausurtagung der Aktiven an: „Wir gehen jetzt in die Planung für 2018.“

Der ideale Literat zum „Schichtende“

Mit dem Ende der Zeche Prosper Haniel soll „Schicht im Schacht“ auch zum Thema des Literaturhauses werden. Und wieder fällt ein großer Name: Jener des in Sterk­rade aufgewachsenen Ralf Rothmann, dessen „Junges Licht“ Adolf Winkelmann kongenial verfilmte. Den Kleist-Preis 2017 erhielt Rothmann für „Im Frühling sterben“, einen in allen Feuilletons gelobten Roman.

>>>>KARL MAY, „REICHSBÜRGER“ UND DER STERKRADE-ROMAN

Mit seinen Sommer-Terminen bietet das Literaturhaus feine Kost für literarische Gourmets – und zum Einstieg einen Leseabend, der (wie zuletzt im Druckluft) junges Publikum ins Büchercafé locken sollte.

Denn am Freitag, 11. August, um 19 Uhr liest Jan Wehn aus „Morgellon“. Der Autor und Musikjournalist interviewt sonst Musiker wie Bushido, Kollegah oder die Fantastischen Vier. Nun jagt der Berliner den Helden seiner Novelle durch die beklemmende Welt von Verschwörungstheoretikern und „Reichsbürgern“. Eintritt 5 Euro.

Aus „UnRuhe“, einem historischen Roman aus dem Jahr 1966, liest am Freitag, 25. August, um 19 Uhr der aus Oberhausen stammende Winand Herzog. Einen Stadtroman mit einer Hauptrolle für Sterk­rade präsentiert das Literaturhaus mit der Geschichte des 17-jährigen Alfons Mansuhr. Der Sterkrader Buchhändler Arndt Wiebus empfahl das Werk in unserer „Schmökerecke“ so: „Durchaus ein Rhythm ’n’ Blues- Roman, ein Zeitroman, kurz bevor der Restaurationskorken aus der Bürgerflasche knallt.“ Der Romancier liest im früheren GHH-Gästehaus, Steinbrinkstraße 192 (Eingang gegenüber dem Café Jahreszeiten). Eintritt frei.

Den „Beitrag Karl Mays zur Wirtschaftsethik“ erkundet am Freitag 15. September, um 19 Uhr Literaturhäusler Dr. Harald Obendiek, ein erklärter Fan von Winnetou und Old Shatterhand. Ihr Kampf für die Gerechtigkeit ist legendär. Liegt es da nicht nahe, Karl May und seine Figuren zu befragen, ob sie die große Frage beantworten können, wie man denn in ökonomischen Dingen „gerecht“ handelt? Harald Obendiek will sich des gar nicht so drögen Themas mit einem Augenzwinkern annehmen bei dieser gemeinsamen Veranstaltung mit dem Business Partner Club. Eintritt frei.

Mit Thomas Anzenhofer bitten die Literaturfans am Freitag 29. September, um 19 Uhr zur „Weinlese“. Der gefragte Schauspieler bringt von Diogenes bis Droste in einem liebevoll-satirischen Streifzug fassgelagerte Experten zu Gehör – als „literarischer Erntehelfer“. Eintritt 14 Euro, ein Glas Wein inklusive.