Oberhausen. . „Freiheit leuchtet“ gewinnt als Plastik immer größere Dimensionen. 100 junge Geflüchtete schreiben ihre Wünsche ins handgeschöpfte Papier.
- Stadtprominenz taucht ebenso bis zu den Ellenbogen in Papierbrei wie bisher 50 Jugendliche
- Alle wirken mit an Simone Kamms Großskulptur „Freiheit leuchtet“ für den Rathausflur
- Junge Geflüchtete von sieben bis 18 Jahren vertrauen dem Papier-Engel ihre Wünsche an
Zum Glück besitzt Simone Kamm in ihrem Sterkrader Atelier kleidsame Schürzen, bunt bedruckt mit dem Slogan „100 % creative“. Die schützten in den vergangenen Tagen das rote Kleid von CDU-Bundestagsmitglied Marie-Luise Dött und den schwarzen Anzug von Stadtdechant Peter Fabritz. Polit- und andere Stadtprominenz macht gern mit bei „Freiheit leuchtet“ – und zwar „bis zu den Ellenbogen im selbst geschöpften Papierbrei“, wie die Künstlerin sagt.
Dennoch bleibt die Arbeit an der Lichtskulptur für den Rathausflur, direkt vor der Tür des Ratssaales, zuallererst ein Projekt für und mit Kindern und Jugendlichen. 50 waren schon in kleinen Gruppen zu Besuch bei Simone Kamm – „der erste Flügel der Engelsskulptur ist fertig“. Bis zu hundert junge Geflüchtete von sieben bis 18 Jahren werden mitgemacht haben, bis das Werk beendet ist.
„Freiheit leuchtet“ gewinnt übrigens auch als raumgreifende Plastik immer größere Dimensionen, erzählt die 49-Jährige, bekannt auch als Sprecherin des Arbeitskreises Oberhausener Künstler. „Dann kam der Denkmalschutz“ – und zwar mit einer durchaus überraschenden Anregung: Aus der halbplastischen Engels-Gestalt, die von der Decke des Foyers schweben sollte, könnte doch auch eine vollplastische Skulptur werden.
„Das bedeutet doppelt so viele Teile“, sagt Simone Kamm. Die himmlische Gestalt wird also rund drei Meter Flügelspannweite erhalten – und ein Gardemaß von viereinhalb Metern. Und sie wird rund 80 Kilo wiegen. „Papier ist ja ein sehr leichtes Material.“ Dennoch benötigt der Freiheits-Engel nun einen stützenden Korpus aus Drahtgeflecht. Flügel, Antlitz und Gewand entstehen dann aus hundert schuppenförmig angelegten Papiermodulen. Die Künstlerin hat sich sogar den Rat karnevalistischer Wagenbauer geholt. Deren Auskunft: „Das kriegen wir hin.“
Mit transparentem Papier von rauer, reliefartiger Struktur, geschöpft aus den von ihr bevorzugten Spargelschalen, und mit pointiert eingesetztem Licht erschafft Simone Kamm überirdische Werke zwischen Schrift und Plastik. „Freiheit leuchtet“ allerdings ist als Gemeinschafts-Produktion noch ein besonderer, weiterer Schritt.
Denn was im kreativen Prozess „mit den Kindern passiert“, nennt die Künstlerin „unheimlich schön“. Die von vier Oberhausener Institutionen der Jugendhilfe betreuten Mädchen und Jungen sollen dem Engel ihre Wünsche für eine friedliche Zukunft anvertrauen, sie im wörtlichsten Sinne „zu Papier bringen“. Beteiligt sind das Gerhard-Tersteegen-Institut, das Deutsche Rote Kreuz, die Caritas, die evangelische Jugendhilfe und das Kulturbüro.
Den Termin des großen Tages will Simone Kamm unbedingt halten: Am Mittwoch, 23. August, um 15 Uhr soll ein Ausleger das vollendete Werk ins Rathaus hieven.
Informationen zum Projekt online auf freiheit-leuchtet.de.