Oberhausen. Mit einem Waisenhaus fing alles an: Die evangelische Jugendhilfe Oberhausen besteht seit 130 Jahren. Dies wird am 1. Juli gefeiert.

Heime, Betreuung, Wohngemeinschaften – die evangelische Jugendhilfe hat viele Gesichter. An 15 Standorten in ganz Oberhausen feiert die älteste Erziehungshilfeeinrichtung der Stadt an diesem Samstag, 1. Juli, ihr 130-jähriges Bestehen.

„Nur mit Respekt vor dem anderen und Liebe zum Menschen können wir unserem Ziel gerecht werden“, betont Harald Schwab, Leiter der Jugendhilfe, den Anspruch, ein christliches Menschenbild zu leben. Eine große Feier werde es nicht geben. Bodenständig und still will man sich präsentieren. Was 1887 mit einem Waisenhaus und 34 Kindern an der heutigen Grenzstraße begann, soll auch weiter eine Erfolgsgeschichte bleiben.

Waisenhaus war schnell zu klein

Es waren wirtschaftliche Probleme, die das Waisenhaus einst schnell wachsen ließen. „Die Eltern hatten einfach nicht genug Geld, um ihre Kinder zu ernähren“, erklärt Schwab. 1891 wird auf dem heutigen Grundstück an der Helmholtzstraße ein Neubau errichtet, in dem zeitweise über 100 Kinder leben. Es folgen die schwierigen Zeiten der beiden Weltkriege. Da sich die damalige Leitung des Hauses während der Nazizeit dem Anschluss an nationalsozialistische Organisationen verweigert, werden staatliche Zuschüsse gestrichen und nur noch wenige Mitarbeiter und Betreuer leben in dem Haus, das 1943 im Bombenhagel zerstört wird.

Ein Bild aus alten Tagen: Kinder, denen die Jugendhilfe geholfen hat.
Ein Bild aus alten Tagen: Kinder, denen die Jugendhilfe geholfen hat. © Evangelische Jugendhilfe

Ende der 70er Jahre wird deutlich, wohin sich die Hilfe für junge Menschen entwickelt: weg vom zentralen Ort, hin zu den heute üblichen Wohnhäusern und betreuten Gemeinschaften aus bedürftigen Jugendlichen.

„Wenn du nicht brav bist, dann kommst du ins Kinderheim!“ Das ist lange ein beliebter Spruch bei Eltern, wenn es darum geht, den Nachwuchs zum Schweigen zu bringen. Die Drohung kann Harald Schwab so nicht stehen lassen. Für ihn sei erwiesen: „Die Heimerziehung ist oft förderlicher als jene in manchen Familien.“ Seit 26 Jahren ist er selbst dabei. Die Praxis lasse für ihn keinen anderen Schluss zu.

Spiegel der Ego-Gesellschaft

Elterntrainings, die Schwab betreut, zeigen die Probleme. „Was heißt denn Eltern-sein?“, fragt er. „Die Bereitschaft, sein Leben umzustellen und auf manche Dinge zu verzichten.“ Genau das fehle bei manchen viel zu oft. Dies sei „in gewisser Weise ein Spiegel unserer Ego-Gesellschaft“.

Derzeit sind es über 130 Jugendliche, die von der Jugendhilfe profitieren. Die Kosten dafür sind nicht niedrig: bis zu 200 Euro pro Stunde Betreuung. Bezahlt wird das von der Kommune. „Qualität ist unsere Hauptaufgabe“, sagt Schwab. „Die Vorgaben machen aber nicht wir, sondern das Landesjugendamt.“

Hüpfburg, Zauberer und Kickerturnier

Für die Feier am Samstag sind von 11 bis 19 Uhr an jedem Standort der evangelischen Jugendhilfe kleine Aktionen vorgesehen. Eingeladen ist vor allem das direkte Umfeld der Wohnhäuser.

Hervorzuheben sind folgende Orte, insbesondere für jüngere Besucher: der „Knotenpunkt“ an der Steinbrinkstraße 195 in Sterkrade mit Hüpfburg und anderen Spielaktionen, die Wohngruppe „Leuchtturm“ an der Emscherstraße 2 in Lirich mit Kickerturnier und Zauberer sowie eine Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Asylsuchende, „UMA2“ an der Winkelriedstraße 23 im Brücktorviertel.