Oberhausen. . Im Zentrum Altenberg lockte zur Extraschicht eine feurige Show. Waghalsige Akrobatik entzückte in der Niebuhrg. Wir haben Eindrücke gesammelt.
- Zur langen Nacht der Industriekultur pilgerten viele Besucher auch nach Oberhausen
- Allerdings hatten die Kulturfreunde wieder viel Pech mit dem Wetter - es regnete
- Das Programm von Gasometer, Altenberg, Ludwiggalerie und Niebuhrg entschädigte
Irgendwie gehört der Schirm wie gebucht dazu: Kaum öffnen am Samstag die vier Kulturstätten zur langen Nacht der Industriekultur ihre Tore und Bühnen, schon nieselt es wie bestellt vom Himmel. Extranass zur Extraschicht.
Aber eine gewisse Mechanik gehört ja schließlich auch dazu, den Regenschutz aufzuspannen. Der überwiegende Teil der Besucher ließ sich trotz der Nieselattraktion nicht davon abhalten, den weit sichtbaren Gasometer oder das illuminierte Schloss mit seinen Führungen durch die Ludwiggalerie und einer kunterbunten Baumlandschaft anzusteuern.
„Wenn man im Ruhrgebiet lebt, dann weiß man, dass die Extraschicht ein ganz besonderes Event ist“, sagt Anna Abrams. Die junge Frau ist von der Kulturnacht regelrecht gefesselt. Im Theater an der Niebuhrg baumelte sie eben noch an der Decke, knotete dicke Seile um ihren Körper. Ließ sich darin eingewickelt mehrere Meter absacken. Und zeigte den staunenden Besuchern auf der Empore fast auf Augenhöhe einen Spagat.
Anna Abrams gehört hier fest zur Show. In der Niebuhrg geht es schließlich um Hochspannung. Diese bietet ihr halbstündiger Auftritt auch ohne Zweifel. Hinterher verrät sie uns: „Dafür trainiere ich mindestens viermal in der Woche.“
Spektakuläre Akrobatik
Der Applaus schallt lange durch die Gänge. Dort flimmern kleine Glaskugeln, in denen sich elektrische Blitze an die Außenscheibe schlängeln. In einem Nebenraum schallt eingängige Popmusik, woanders haben sie sich zum Schmökern und Vorlesen ins Literaturcafé zurückgezogen. Motorrad-Fans posieren auf schweren Maschinen, eine Szenerie, die ein Profi-Fotograf mit der Kamera festhält.
Abwechslung überall: Draußen gaukeln Minnesänger. Und Schirme wippen zur Musik. Wenn der Regen dann doch für aufschäumende Wut sorgt, hilft im Hof der Niebuhrg ein Ventil. Krach. Schepper. Beul. Mit einem Vorschlaghammer dürfen Hobby-Wüteriche ein Schottauto zerbeulen. Da überlegte man sich das Falschparken zweimal.
Im Zentrum Altenberg ist es ebenfalls nicht ratsam auf dem Hof der alten Zinkfabrik sein Automobil abzustellen. Hier zeigt das Theater Feuervogel auf den Pflastersteinen eine flammende Show. Sie sehen ein bisschen aus, wie aus dem Film Mad Max entsprungen, fahren mit einem scheinbar unkaputtbaren Endzeit-Mobil vor und zücken in feuerfesten Westen zwei überdimensionale Wattestäbchen, aus denen regelrechte Wolken bestehend aus Feuerfunken rieseln.
Wem es da noch fröstelt, den zieht es ins Walzenlagerkino, in dem eine regelrechte Kleiderkammer aufgebaut ist. Bei der Kunst- und Szenebewegung Steampunk verschmilzt die Kleidung im victorianischen Stil mit technischem Erfindermut und Abenteuer-Romantik von Jules Verne.
Passende Klamotten dieser Bewegung durften auch Normalos zur Nacht der Industriekultur einmal selbst anprobieren. Milena Hake hilft den Neugierigen in die Kleidung und gibt fachkundig Erklärungen: „Das Angebot ist sehr gut angenommen worden. Wir hatten schon jede Menge zu tun.“
Nach einem Abenteuer in den Retro-Futurismus durfte es bei der Extraschicht auch eine Stärkung sein. Eine Extra-Wurst hatten sich die meisten längst verdient.