Oberhausen. . Die Evangelische Gemeinde will die Gebäude verkaufen. Dort soll ein Neubau errichtet werden. Eisenheim-Retter Prof. Günter ist strikt dagegen.
- Die finanziell angeschlagene Gemeinde will das Areal an einen Investor verkaufen
- Auf dem Gelände soll ein modernes Heim für junge und alte Pflegebedürftige entstehen
- Günter Roland ist dagegen – Er verweist auf die historische Bedeutung der alten Gemäuer
Um den Osterfelder Kirchenkomplex an der Teutoburger Straße 210 ist ein Streit entbrannt: Dürfen diese Gebäude, eine Kapelle und ein Gemeindehaus, abgerissen werden oder sind sie so historisch wertvoll, dass sie gerettet werden müssen?
Die Verantwortlichen der „Evangelischen Auferstehungsgemeinde“ jedenfalls haben bisher nur fest beschlossen, das Grundstück an einen Investor zu verkaufen. Hier soll ein modernes Heim für junge und alte Pflegebedürftige entstehen. Mit dem Erlös aus dem Grundstücksverkauf sollen andere Projekte der finanziell angeschlagenen Gemeinde finanziert werden. Für das alte – angesichts sinkender Mitgliederzahlen – viel zu große Gemeindehaus will die Gemeinde ein neues links neben ihrer Kirche an der Vestischen Straße 86 bauen (Fertigstellung 2019).
Zeugnis für Stadtentstehung
Jetzt meldet sich aber der bekannte Oberhausener Kunsthistoriker Prof. Roland Günter zu Wort. Der Retter der Arbeitersiedlung Eisenheim ist strikt gegen den Abriss der Gebäude. Die Kapelle und das Gemeindehaus an der Teutoburger Straße hält er für so wichtig, weil sie ein Zeugnis der Entstehung Oberhausens sind. „Da oben war Heideland, bis die Zeche kam und mit ihr mehrere Tausend Arbeiter“, sagt Günter. Siedlungen entstanden, religiöse Strukturen entwickelten sich. So wurden die Kapelle und das Gemeindehaus errichtet. „Das ist dem großen Gelehrten der Lutherzeit, Philipp Melanchthon, gewidmet“, erinnert Günter. Der Weg zur Kapelle wurde sogar extra Kapellenstraße genannt.
Nur noch eine von vier Wohnungen im Gemeindehaus ist immer noch bewohnt – von einer 49-Jährige Oberhausenerin, die diese gemietet hat. Sie schließt sich den Rettungswünschen Günters fürs Ensemble an. Denn die Dame möchte nicht ausziehen, streitet dafür sogar vor Gericht. Und sie wundert sich: „Warum hat man mir überhaupt einen Mietvertrag gegeben, wenn doch klar war, dass ich wieder ausziehen muss?“
Superintendent Jochen Deterding ist über die Einmischung beider Parteien empört. „Wie soll ein Presbyterium mit seinen langfristigen Planungen auf so was reagieren?“ Im Übrigen sei das Sache der Gemeinde. Er müsse nur schauen, ob rechtlich alles in Ordnung sei – und das sei es. „Ich hoffe, dass Prof. Günter aus der Konfrontation raus und in den Dialog findet.“
Dem Dialog ist Günter gar nicht abgeneigt. Er hat schon gleich einen Vorschlag. „Ein guter Architekt würde um die beiden Gebäude herum bauen, eine Art Hofanlage skizzieren und die beiden Gebäude als ästhetische Fokus-Punkte präsentieren.“ In einem Bogen um die Gebäude herum könnte das Pflegeheim angelegt werden. So würden auch die Mitarbeiter einer Behindertenwerkstatt, die derzeit in der Kapelle arbeiten, nicht umziehen müssen. Und die Mieterin behalte ihre Wohnung. Weiterer Vorteil: Die schönen Bäume auf dem Areal könnten teils erhalten bleiben.
Mit den alten Häusern planbar
Die zuständige Gemeinde-Pfarrerin Ursula Harfst ist weit entfernt davon, das heikle Thema konfrontativ anzugehen. Sie gibt an, dass die verärgerte Oberhausener Mieterin in die Wohnung zu einem Zeitpunkt eingezogen sei, als die evangelische Gemeinde noch nicht entschieden hatte, welche Gebäude sie verkaufen würde.
Sie verstehe auch die Beweggründe des Industriebauten-Retters Prof. Roland Günter recht gut. „Schließlich ist das sein Herzensthema“, meint die Pfarrerin.
Auf dem Gelände der Gemeinde in Osterfeld plant nach Angaben von Harfst das Duisburger Christophorus-Werk ein modernes Heim für alte und junge pflegebedürftige Menschen. Die Idee Günters, die alten Gebäude stehen zu lassen und drumherum zu bauen, wolle sie den Verantwortlichen gerne unterbreiten. „Ich mache den Verkauf davon aber nicht abhängig“, sagt Harfst.
Wilfried Stoll, Vorstand des Christophorus Werkes, wäre nicht dagegen, mit den alten Häusern zu planen. Gebäude seien mehr als Wände mit Luft drin und würden für Menschen viele Erinnerungen bergen. „Versprechen kann ich aber nichts“, sagt er. Wenn die Kostenschätzung mit den alten Gebäuden positiv sei, könne man überlegen, sie stehen zu lassen. Jetzt aber werde man erst einmal einen Bauantrag stellen. Bis alles geklärt sei, könnten zwei Jahre vergehen.