Oberhausen. . Der Oberhausener war Augenzeuge, als Nazis die Kommunisten Leo de Longueville und Konrad Klaas im Hof des Elsa-Brändström-Gymnasiums erschossen.

  • Janke war 1933 mit 250 Kommunisten und anderen Nazi-Gegnern in der Turnhalle eingesperrt
  • Später leitete er Stadtführungen und klärte Schüler über die Vorfälle an dieser Schule auf
  • Die Täter konnten nie gefasst werden. Gedenktafel erinnert bis heute an die Ermordeten

Die Mörder der beiden Oberhausener Leo de Longueville und Konrad Klaas sind nie zur Verantwortung gezogen worden. Auch Fritz Janke, der mitansah, wie die beiden von Nazis im Hof des Elsa-Bränd-ström-Gymnasiums erschossen wurden, kannte die Täter namentlich nicht. Dies recherchierte Klaus Oberschewen, Vorsitzender des Historischen Vereins Oberhausen-Ost, auf Bitten von Lesern, die sich nach dem Erscheinen unseres Berichtes „Erinnerungen an Nazi-Morde verblassen“ an die Redaktion gewandt hatten.

Fritz Janke war am 5. März 1933 zusammen mit etwa 250 Kommunisten und anderen Nazi-Gegnern in der Turnhalle des heutigen Elsa-Brändström-Gymnasiums eingepfercht worden. „Am gleich Tag wurden hier Konrad Klaas und Leo de Longueville ermordet“, sagt Klaus Oberschewen. Janke und ein ehemaliger Schüler des damaligen Realgymnasiums wurden Augenzeugen. „Sie hatten gesehen, dass die beiden Oberhausener beim Entleeren von Notdurftkübeln von SA- und SS-Leuten aus reiner Mordlust von vorne erschossen wurden“, erzählt der Historiker.

Alternative Fakten

Im Lokalteil des nazistischen Lokalblatts „Nationalzeitung“ wurden am 7. März 1933 allerdings „alternative Fakten“ zu dem Fall veröffentlicht. Dort hieß es: „Auf der Flucht erschossen!“ Die Kommunistenführer Leo de Longueville und Konrad Klaas machten einen vergeblichen Fluchtversuch (...) und wurden dabei auf dem Hof des Realgymnasiums in Oberhausen erschossen.“

Augenzeuge Fritz Janke gelang später die Flucht aus dem Gefängnis, er konnte untertauchen.

Stadtrundfahrt mit Schülern

Klaus Oberschewen lernte Fritz Janke Mitte der 1980er Jahre bei einer Stadtrundfahrt mit dem Bus durch Oberhausen kennen. „Der DGB organisierte damals mit der Volkshochschule diese Rundfahrten mit Zeitzeugen.“ Fritz Janke habe vorne im Bus gesessen, mit dem Mikrophon in der Hand. „Er informierte eine Schulklasse sehr anschaulich über die Morde vor der Turnhalle ihres Gymnasiums.“

In einer Hand habe er dabei das „Braunbuch über Reichstagsbrand und Hitlerterror“ gehalten, das in den ersten fünf Monaten des Terrors entstanden war. Unter dem Titel „Braunbuch“ erschienen mehrere Materialsammlungen, die nationalsozialistische Täter und ihre Taten möglichst genau auflisteten. Die Morde an Klaas und de Longueville sind darin zwar ebenfalls verzeichnet. Doch Angaben zu den Mördern der beiden fehlen.

Fritz Janke (2.v.r.) 1988 mit Jutta Ahrweiler (DGB-Vorsitzende), Künstler Walter Kurowski und Oberbürgermeister Friedhelm van den Mond (r.) vor der Gedenktafel.
Fritz Janke (2.v.r.) 1988 mit Jutta Ahrweiler (DGB-Vorsitzende), Künstler Walter Kurowski und Oberbürgermeister Friedhelm van den Mond (r.) vor der Gedenktafel. © Klaus Oberschewen

„Auch wenn die Mörder selbst später nie gefasst werden konnten, so hat sich Fritz Janke zumindest zeitlebens dafür eingesetzt, die Wahrheit über die Untaten der Nationalsozialisten im Bewusstsein der Oberhausener zu verankern“, weiß Oberschewen.

Fritz Janke engagierte sich bis ins hohe Alter. Er mischte sich ein, war im Seniorenarbeitskreis der Gewerkschaft ÖTV aktiv und in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, erinnert sich Oberschewen noch gut. Gemeinsam mit der Organisation der verfolgten Sozialdemokraten sorgte Janke später unter anderem dafür, dass an der Turnhalle des Elsa-Brändström-Gymnasiums eine Gedenktafel angebracht wurde. „Sie wurde von Walter Kurowski gestaltet und vom damaligen Oberbürgermeister Friedhelm van den Mond mit Fritz Janke und der DGB-Vorsitzenden Jutta Ahrweiler 1988 angebracht.“

>> MIT DER EHRENNADEL AUSGEZEICHNET

Fritz Janke war nach Kriegsende 1945 als Betriebsrat auf der Ruhrchemie tätig. „Er war empört über den Abbau der Produktionsanlagen vor Ort und die Rückkehr der alten Betriebsleiter aus der Nazizeit“, weiß Oberschewen.

Als Oberschewen an der Neueröffnung der Gedenkhalle im Schloss Oberhausen arbeitete, habe ihm Janke ebenfalls zur Seite gestanden. Denn der damalige Galerieleiter Bernhardt Mensch habe die Gedenkhalle ursprünglich nur noch als Lagerhalle nutzen wollen. „Mit dem Widerstand von Janke und vielen anderen hatte er nicht gerechnet“, sagt der Historiker.

Ein Widerstand, der schließlich Wirkung zeigte: „Die Gedenkhalle wurde im November 1988 von OB van den Mond und Dr. Joseph Rossaint, dem Präsidenten der Verfolgten des Naziregimes, eingeweiht.“ Fritz Janke wurde in Anerkennung seiner Verdienste um die Stadt die Ehrennadel verliehen.