OBERHAUSEN. Im Gespräch bilanziert Peter Carp die neun Jahre seiner Intendanz. Das Theater festigte seinen guten Ruf als Sprungbrett und Talentschmiede.
„Ein Ensemble muss man pflegen“, sagt Peter Carp. Das ist dem scheidenden Intendanten des Theaters Oberhausen über „sehr aufregende neun Jahre“, wie er sagt, bemerkenswert gut gelungen: Die Mehrzahl der aktuell sieben Schauspielerinnen und elf Schauspieler zählte schon bei Carps Einstand 2008 mit der Waits’schen Rockoper „Woyzeck“ zum Ensemble.
Mit den Theaterferien im Juli wird man auseinander gehen: Sieben bleiben beim Theater Oberhausen, Sieben ziehen mit dem künftigen Freiburger Generalintendanten gen Dreiländereck, Vier gehen neue, eigene Wege. Peter Carp bezeichnet sein bisheriges „hervorragendes Ensemble, zugewandt, auf erstaunlich hohem Niveau“ als „die Basis“ seiner Arbeit. „Wir haben uns nie aneinander gelangweilt, haben verblüffende Besetzungen hinbekommen.“
„Hier haben die Menschen eine andere Neugier“
Um gute Schauspieler an diesem eher kleineren Theater zu halten, bedarf es eben der Ensemble-Pflege: Und dazu zähle auch, weiß der Intendant, Rollen-Spezialisierungen aufzubrechen, gerne auch „gegen den Typ“ zu besetzen. „Sie werden wahrgenommen und entwickelt.“
Den Wechsel ins Ruhrgebiet erlebte der damals 53-Jährige nach vier Jahren als Schauspieldirektor am Luzerner Theater als Kontrastprogramm. „Hier haben die Menschen eine andere Neugier“, erlebte Peter Carp. Die Zentralschweizer ließen sich noch am ehesten mit musikalischen Produktionen aus der Reserve locken. In Oberhausen sei „der menschliche Umgang immer angenehm gewesen – immer gerade, ohne Heuchelei: Das macht das Leben oft einfacher.“
Das gelte, so der 62-Jährige, ausdrücklich auch für die Politik, die ihn habe wirken lassen. „Und wenn etwas nicht klappte, bekam man nicht gleich Druck.“ Nun geht’s für ihn ins reiche Freiburg – aber weder ums Theater noch um die Zukunft der Stadt Oberhausen sei ihm bange, „weil ich zu Optimismus neige“, wie Carp sagt: „Oberhausen hat Potenzial, und ich sehe in der Stadt viele neue Initiativen.“ Keinesfalls eine Stadt, die sich aufgegeben hätte.
Sein Vermächtnis? Carp festigte den Ruf des Oberhausener Theaters als Sprungbrett und Talentschmiede. „Das war mir immer wichtig“. An erster Stelle sei da Herbert Fritsch zu nennen, der in Oberhausen seinen markanten Regie-Stil entwickeln konnte. Der erst 32-jährige Australier Simon Stone zeigte mit der Oberhausener „Orestie“ seine erste Regie-Arbeit in Europa. Und die Arbeit mit dem „Lulu“-Regisseur Stef Lernous will Peter Carp auch in Freiburg fortsetzen.
Internationales Publikum für Freiburg gewinnen
Ins Breisgau verführte ihn die Aufgabe, die Verantwortung für ein Dreispartenhaus zu übernehmen, in dem „alles dreimal so groß ist“. Als Regisseur hatte Peter Carp auch schon Opern inszeniert – jetzt kommt neben dem Musiktheater auch noch Tanztheater dazu. „Da kann ich nicht in Routine verfallen.“ Das Freiburger Publikum erlebte er als „sehr zahlreich, neugierig und gut gelaunt“. Der neue Generalintendant will aber auch aktiv Zuschauer jenseits der französischen und schweizerischen Grenze für Freiburg gewinnen.
Zu den Favoriten seiner eigenen Regie-Arbeiten in Oberhausen zählt Carp übrigens auch das Werk eines Schweizers, „Das Gartenhaus“, nach der Novelle von Thomas Hürlimann: „Die Arbeit war rund“ – und Carp will sie für Freiburg übernehmen, wie seine jüngste Inszenierung, Bernhards „Theatermacher“.
Die letzte Rolle des in Stuttgart geborenen Hanseaten ist übrigens, ganz bescheiden, die eines Kleindarstellers: „Ich spiele den Pförtner“, sagt Peter Carp – und zwar in Eike Weinreichs Spielfilm „Unruhezeiten“. Das komplette Ensemble, dazu sämtliche Dramaturgen zeigen das Leben hinter den Kulissen – eine Komödie, was sonst.
>>> Theaterfeste mit Hitparade und Filmkomödie
„Es war eine tolle Zeit“, sagt Peter Carp, „und das wollen wir mit vielen Festen feiern“. Gemeint ist also nicht allein die „finale Hitparade“ am Samstag, 1. Juli, mit dem Ensemble und Ausklang in der Theaterbar.
16-fach heißt es im Programm-Leporello für Juni: „Zum letzten Mal“. Vom 17. bis zum 29. Juni gibt es zwei Wochen lang die „Greatest Hits“ – nein, nicht der gesamten neunjährigen Carp-Ära, aber der letzten Spielzeiten. An fünf Abenden sogar zum „Abschiedspreis“ von nur 8 Euro auf allen Plätzen.
Zum festlichen Ausklang zählt auch die Aufführung der Rohfassung von Eike Weinreichs Spielfilm „Unruhezeiten“ am Freitag, 30. Juni, bei freiem Eintritt.