Oberhausen. . Den „Stoff, aus dem die Mythen sind“ zeigen zwei Künstlerinnen. Edelgard Stryzewski-Dullien zitiert Mörikes Märchen von der schönen Lau.
Die dampfenden polnischen Rösser der letzten KiR-Ausstellung im Europahaus treten gut verpackt ihren Heimweg an, während drei Meter hohe Nesseltücher sich mit jedem Luftzug wie Segel blähen. Die Kunstinitiative Ruhr sorgt mit ihrer Galerie im Europahaus für Kontraste – bleibt der abgeräumten Schau aber auch spätromantisch ein bisserl verbunden.
Schließlich zitiert Edelgard Stryzewski-Dullien jene zarten Zeichnungen, mit denen einst der Wiener Moritz von Schwind (1804 bis 1871) Mörikes Märchen von der schönen Lau illustriert hatte. Doch diese Nixe aus dem Blautopf am Rande der Schwäbischen Alb hat auf hohen Textilbannern ganz anderes – und dank unterfütterter Wattepölsterchen geradezu skulpturales – Format.
„Etwas mehr als lebensgroß“, sagt die Essener Künstlerin, der Oberhausener Szene seit langem verbunden. Die Kunst, mit Nadel und Faden bestickende Lichtwirkungen zu erzielen, hat Edelgard Stryzewski-Dullien seit der Kindheit geübt – als Tochter einer Herrenschneiderin. „Hände und Füße“, sagt sie, „kann ich besser nähen als zeichnen“.
Metallwannen voll blauer Farbe
Die flatterhaften Nixen-Bildnisse lässt sie in Metallwannen voll blauer Farbe münden – und bedauert, dass moderne Textil-Appreturen verhindern, dass die Farbe bis zur gesteppten Lau hochsteigt. Mit der guten alten Reisstärke wäre es möglich gewesen. Schließlich heißt es bei Mörike, weiß Edelgard Stryzewski-Dullien: „Die Lau lässt den Blautopf überlaufen.“
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Der aktuelle KiR-Ausstellungstitel „Der Stoff, aus dem die Mythen sind . . .“ hat allerdings nicht nur textile Bedeutung. Und mit ihrer gestischen Malerei wagt Monika Pöschke-Schröder ein freieres Spiel mit altüberlieferten Mythen-Stoffen – und agiert beherzt gegen die hehre Aura konventioneller Gemälde (wie sie noch die vorherige KiR-Schau geprägt hatten).
Für ihre „Rapunzel“ hat die gelernte Journalistin aus Mülheim der Leinwand lange Locken gelegt – indem sie die bemalte Fläche in lange Bahnen schnitt. „Wie ein Tischlein-deck-Dich der Kunst“, so beschreibt sie märchenbewusst ihr Arrangement gestisch-abstrakter Gemälde: Die sind nämlich nicht gehängt, sondern wie unabsichtlich abgelegt. Auch Filmbänder – den Mythen-Stoff des 20. Jahrhunderts – bündelt Monika Pöschke-Schröder zu lässigen Arrangements.
Ultraschall-Aufnahmen
Experimentelle Fotos, wie unter gleißendem Licht, verweisen auf Aphrodite, „die Schaumgeborene“. Doch mit Fotografie besonderer Ausprägung weiß auch Edelgard Stryzewski-Dullien umzugehen: Sie steckt Ultraschall-Aufnahmen in handgenähte Baby-Hemdchen aus dem 19. Jahrhundert: ein vorgeburtlicher Schimmer. „Die drei Geschwister kenne ich“, sagt sie. „Das Jüngste ist jetzt drei Monate alt.“
Die Vernissage beginnt am Sonntag, 28. Mai, um 18 Uhr in der Galerie KiR, Elsässer Straße 21. Ausstellung bis zum 9. Juli.